Strukturelles Versagen geht immer von Personen aus
Menschen in hohen Positionen ordnen viel an und wissen wenig. Das ist kein persönlicher Angriff, sondern ein systematischer Unterschied zwischen Bürokratie und freier Gesellschaft. Sobald ein einzelner entscheidet, unterliegt er oder sie dem selektiven Einfluss von Informationen und Beratern, dabei folgen Entscheidern nicht zuletzt ihren persönlichen Interessen. In einer dezentralen Ordnung geht das nicht. Viele kleine Entscheider folgen ihren Präferenzen, die durch Institutionen geleitet werden. In Hierarchien gibt es zudem die Phänomene der (angewiesenen) Unterordnung und der Ausprägung eines Hofstaats. Das gilt für die Führungskräfte und für die Gefolgschaft.
Wer diesen Welt-Artikel liest, der findet diesen Befund für die Gesundheitspolitik. Einige Auszüge:
Früh bekam das RKI offenbar politischen Druck: „Herr Spahn (Anm. d. Red.: der damalige CDU-Gesundheitsminister) hat angeordnet, dass eine Passage zu Schulschließungen in die Kriterien für die Risikoeinschätzung von Großveranstaltungen eingefügt wird.“ Schon am folgenden Tag verkündeten die Bundesländer nacheinander, die Schulen dichtmachen zu wollen.
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Begleitet wurde dies von der umstrittenen Kinder-Studie des Virologen Christian Drosten, der am 29. April 2020 vor einer unbegrenzten Wiederöffnung warnte. Während skandinavische Länder nach der Maßgabe „Kinder zuerst“ vorgingen, prophezeite der damalige SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach am 4. Mai 2020 auf Twitter: „Regulärer Unterricht fällt für mindestens 1 Jahr aus.“
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„Die Kinder wurden damals schon dazu benutzt, um Aktionismus zu demonstrieren“, sagt die Ärztin Andrea Knipp-Selke, die in Köln praktiziert. „Es ging nicht um ihre Belange, sondern immer nur um das Eindämmen des Infektionsgeschehens.“
Am 20. November 2020 ergab dann eine Untersuchung von mehr als 100 Kinderkliniken, dass es keine erhöhte Dunkelziffer von Corona-Infektionen bei Kindern gab. Zeitgleich ordneten Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Kanzleramtsmitarbeiter Helge Braun eine Maskenpflicht für Schüler und halbierte Klassengrößen an, auch wollten sie die „Ein-Freund-Regel“ durchsetzen, die von Ländern und Verbänden abgewendet wurde.
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Am 19. Mai 2021 äußerte der damalige Gesundheitsminister Spahn in der RKI-Sitzung Pläne zur Kinderimpfung: „Auch wenn STIKO die Impfung für Kinder nicht empfohlen (sic!) wird, BM Spahn plant trotzdem ein Impfprogramm.“
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Die Stiko habe sich .. „in einer Druckblase“ der politischen Eliten befunden, die alle Stiko-Repräsentanten wahrgenommen hätten. „Unterm Strich haben wir uns aber noch recht wehrhaft gezeigt“, resümiert er.
schließlich
Der Virologe Klaus Stöhr formuliert es in seiner Analyse so: Man habe „Kollateralschäden der Maßnahmen für die Gesellschaft billigend in Kauf genommen“.
Das Phänomen tritt in allen Bereichen auf, die hierarchisch organisiert sind, also in der Staatsbürokratie und in Großunternehmen sowie großen Nichtregierungsorganisationen.
Mehr und umfassendere Einblicke in das Wesen der Bürokratie bietet mein aktuelles Buch “Wirtschaftsfaschismus“.