Die Behörde
Liegt das „Schicksal“ in unseren Händen? Gibt es Willensfreiheit? Ist die Menschheitsgeschichte das Ergebnis eines Zusammenwirkens von Individuen oder Folge eines allumfassenden Masterplans, mit Einzelplänen für jeden Menschen, die von einer Regulierungsbehörde überwacht und sanktioniert werden?
Der sozialphilosophische Antagonismus von Zentralplansystem und spontaner Ordnung steht im Hintergrund des Films „Der Plan“ (engl. Treffender „The Adjustment Bureau“). In New York begegnet David Norris (Matt Damon) per Zufall der Liebe seines Lebens, der Balletttänzerin Elise (Emily Blunt).
Diese Liebe durchkreuzt allerdings den Plan des „Adjustment Bureaus“. Als dann noch eine geradezu göttlich gefügte Unaufmerksamkeit eines Mitarbeiters der Planbehörde David Norris in eine behördliche Rekalibirierungsoperation seines persönlichen Assistenten und Wahlkampfleiters platzen lässt, setzen ihn die Bürokraten massiv unter Druck.
Das „Adjustment Bureau“ ist nämlich dafür zuständig, dass der Weltplan, der für jegliches Handeln auf der Erde, also für jeden Menschen entworfen wurde, auch eingehalten wird. Zwar soll Willensfreiheit nur eine Fiktion sein, allerdings ergeben sich aus der Komplexität und verbliebenen Individualität der Menschen doch immer wieder Abweichungen. Auch Planänderungen können zuweilen die (emotionalen) Spuren früherer Pläne nicht vollständig tilgen. Da selbst Planabweichungen im Kleinen über Welleneffekte zu großen Änderungen führen können, greifen die Bürokraten korrigierend ein. Je nach innerbehördlicher Zuständigkeit und Genehmigung reichen die Steuerungsmaßnahmen von einfacher Manipulation der Umwelt – ein Kaffeebecher schwappt über – bis zur Neukalibrierung einer Persönlichkeit.
David Norris wird verboten die Liebe seines Lebens jemals wieder zu sehen. Doch der ehrgeizige Politiker fährt drei Jahre lang mit dem gleichen Bus zur Arbeit und trifft Emilie wieder. Nun setzt das Planungsbüro alles daran, die beiden auseinander zu bringen. Es kommt zur Auseinandersetzung zwischen Emotionen und Vernunft, zwischen tiefen Gefühlen und vielversprechenden Karriereoptionen. Der Plan sieht für beide Protagonisten große Karrieren vor; er soll Senator und später sogar Präsident werden, sie eine der herausragenden Tänzerinnen und Choreographinnen der USA. Doch dafür sei ein Ehrgeiz erforderlich, der sich aus einer inneren Leere speise, die durch ihr Zusammensein gefüllt werden würde, konstatiert ein Referatssleiter.
Bemerkenswerterweise wissen die Planer selbst nicht warum ihre Pläne so gestaltet sind, sie überwachen lediglich deren penible Einhaltung. Nur der große Behördenleiter ist mit seiner Allwissenheit im Bilde. Allerdings werden die Gründe für den globalen Interventionismus enthüllt: Die Behörde hätte die Menschen aus der Steinzeit zur Blüte des Römischen Reiches geführt und sich dann zurückgezogen – mit dem Ergebnis des „finsteren Mittelalters“. Ihr erneutes Eingreifen hätte mit Renaissance und Aufklärung erneut der Fortentwicklung der Menschen gedient. Nach dem neuerlichen Rückzug der Behörde 1910 sei es zu den bekannten Folgen gekommen: zwei Weltkriege, Holocaust und der nur durch erneutes Eingreifen der Behörde verhinderte Nuklearkrieg im Zuge der Kuba-Krise.
Der Clou: Eigentlich soll der „Plan“ von den Menschen selbst geschrieben werden. Voraussetzung dafür ist, dass sie für ihren freien Willen kämpfen und dabei bereit sind viel zu riskieren, sie sich wahrhaftig und eigenwillig für individuelle Freiheit engagieren. Freiheit und Frieden sind der Ausweg und die Alternative zum „Adjustment Bureau“. Genau diese Leidenschaft verkörpern David Norris und Emilie, sie werden dabei von einem aufgeklärten Bürokraten unterstützt, der wiederum von ganz oben geschickt worden sein soll. Ihr Plan wird schließlich für eine gemeinsame Zukunft umgeschrieben.
Was bleibt ist die große Planillusion für all jene, die den Film mit Kenntnissen von Mises und Hayek schauen, und natürlich die Freude an der spontanen Ordnung, die letztlich jeden Plan überwinden kann. Tatsächlich verlief die Geschichte anders als die Linksintellektuellen Filmemacher an einer Stelle suggerieren, wenn sie den Menschen als fundamental-finale Gefahr für den Menschen herausstellen. Ein Behördenplan hätte den Untergang des Römischen Reiches bewirkt, das tatsächlich verwaltungsmäßiger Verkrustung, überbordender Staatsverschuldung und zentralistischer Überdehnung zum Opfer fiel. Ein finsteres Mittelalter hat es so nicht gegeben. Nur (innerlich) freie Menschen konnten Renaissance und Aufklärung hervorbringen. Das Elend des roten und braunen Sozialismus ist mit der Brutalität und Banalität des Bösen hinlänglich dokumentiert.
Auf ökonomischem Gebiet ist der Wirtschaftsfaschismus eine Warnung vor den Anmaßungen weniger Mächtiger, vor einem übergeordneten Ziel, das alles andere nachrangig machen soll, vor Machtballung, Hierarchien, angeordneter Ordnung, Privilegien durch Machthaber, unheilige Allianzen zwischen den Großen und ein Plädoyer für das Kleine, das Unangepasste, das Individuelle – für Small is beautiful.
Die Rückkehr zur spontanen Ordnung durch Überwindung von Bürokratie- und Regelabsolutismus stellt eine aktuelle europäische Herausforderung dar und in den USA ein zu beobachtendes Versprechen.
Die Behörde symbolisiert Machtstrukturen, die subtil oder offensichtlich das Leben der Menschen kontrollieren. Der Film lädt ein, über den Einfluss externer Kräfte auf persönliche Entscheidungen nachzudenken.
Die Behörde kann als Allegorie für eine göttliche Macht oder Schicksalsgläubigkeit verstanden werden, während Davids Handeln für den menschlichen Drang nach Autonomie steht.
Der Film regt an, gesellschaftliche oder persönliche Strukturen zu hinterfragen, die Freiheit und Individualität einschränken. Eine Aufgabe für 2025 und darüber hinaus
Filmdaten
Originaltitel: The Adjustment Bureau
Erscheinungsjahr: 2011
Regie: George Nolfi
Hauptdarsteller: Matt Damon (David Norris), Emily Blunt (Elise Sellas)
Genre: Science-Fiction, Liebesfilm, Thriller
Literarische Vorlage: Die Kurzgeschichte Adjustment Team von Philip K. Dick (1954)