Die Entstehung des Menschen
Die Entstehung des Menschen

Die Entstehung des Menschen

Die Entstehung des Menschen

Literatur: Friedemann Schrenk: Die Frühzeit des Menschen: Der Weg zum Homo sapiens, Beck’sche Reihe 2059,) C.H.Beck. Kindle-Version.

  • 15.000 Generationen ist der moderne Mensch alt, vergleichsweise jung zur den Ursprüngen des Homo, die mindestens 2,5 Millionen Jahre zurückreichen.
  • Der aufrechte Gang ist vermutlich der zunehmenden Lebensweise an Flüssen geschuldet. Die wiederum war Folge eines starken Klimawandels, der den Regenwald schrumpfen ließ.
  • Die Wiege der Menschheit liegt in jeder Hinsicht in Afrika.
  • Die evolutorische und kulturelle Überlegenheit lässt sich mit dem Unabhängigwerden von der Natur zusammenfassen – durch Werkzeuge, Gebrauch des Feuers und soziale Techniken.

Friedemann Schrenk konstatiert in seinem konzisen Überblick über Forschung und Erkenntnisse zur Frühzeit des Menschen: „Trotz aller Funde fossiler Menschenreste fehlen im Puzzle der Stammesgeschichte der Homininen mehr als 99,99 Prozent der Teile, die unsere Herkunftsgeschichte vollständig belegen könnten.“

Wir gehen offenbar auf die Trockennasenaffen zurück. Aus ihnen entwickelten sich vor 15 Millionen Jahren Menschenaffen (apes, nicht monkeys). In Europa verschwanden diese vor 7 Millionen Jahren. Vor ungefähr 3 Millionen Jahren begann eine Epoche mit Klimaschwankungen und Abkühlungen sowie regional zunehmender Trockenheit in Afrika. Der Regenwald schrumpfte, was zur Nahrungssuche in den Uferzonen von Gewässern führte und langfristig zu einer Stabilisierung des aufrechten Gangs (Uferhypothese).

Die Vor-Urmenschen waren wie Lucy höchstens 1,20 m groß. Artgenossen durchstreiften in Gruppen von vielleicht zwanzig Individuen vor etwa drei Millionen Jahren bewaldete Graslandschaften noch ohne Nahrung zu teilen, sie konnten aber bereits kommunizieren.

Die Werkzeugkultur half Auswirkungen des Klimawechsels abzumildern. Der Homo rudolfensis konnte andere Nahrungsquellen besser als jede andere Homininenart jemals zuvor nutzen. Die Urmenschen erlangten durch den systematischen Einsatz von Steinen zur Zerkleinerung der harten Pflanzennahrung einen Vorteil gegenüber allen anderen Homininen, stellt Friedemann Schrenk heraus, nämlich die zunehmende Unabhängigkeit von direkten Umwelteinflüssen. Das ermöglichte eine Ausbreitung über Afrika hinaus (Migration).

Bemerkenswert erscheint eine frühe Migration und die Vielfalt von Menschentypen. So lägen Hinweise auf frühe Expansionen aus Georgien (1,8 Millionen Jahre), Italien und Spanien (1,4 bis 1,2 Millionen Jahre), nach China (2 Millionen Jahre), Südostasien (ca. 1,5 Millionen Jahre) und auf die Philippinen vor ca. 700.000 Jahren vor. Vor spätestens 500.000 Jahren sei der Homo erectus in Ostasien, Südostasien sowie in Mittel- und Südeuropa weit verbreitet gewesen.

Der Homo erectus war der erste Jäger. Zuvor wurde lediglich Aas verwertet. Die Jagdbeute wurde an Rastplätzen geteilt und Spezialisten für verschiedene Tätigkeiten begannen sich arbeitsteilig herauszubilden. Das typische Werkzeug war der Faustkeil. Die ältesten Speere sind 400.000 Jahre alt.

Die Kontrolle des Feuers gilt nicht nur als eine technische, sondern als gleichermaßen gesellschaftliche und zukunftsgerichtete Aufgabe. Daher wird für den Homo erectus ein gut funktionierendes Sozialgefüge angenommen.

Vor 700.000–​500.000 Jahren sei parallel zur Entstehung der Neandertaler in Europa der vorletzte Evolutionsschritt auf dem Weg zum modernen Menschen in Afrika erfolgt: Der afrikanische Homo erectus entwickelte zunehmend Homo sapiens-Merkmale.

Neandertaler besaßen eine weit entwickelte Kultur, waren vielleicht die ersten Musiker und gut angepasst für ein Leben in der Kältezeit. Sie blieben aber evolutorisch unterlegen und starben deshalb allmählich aus, abgelöst vom modernen Menschen, dessen soziale Organisationsfähigkeit höher entwickelt war, der fruchtbarer war und länger lebte. Indes besiedelten über 100.000 Jahre lang Neandertaler und moderne Menschen gemeinsam dasselbe Gebiet.

Moderne Menschen entstanden vor ca. 300.000 Jahren in Afrika. Sie sind das Produkt komplexer Evolutionsprozesse, biologischer und kultureller Evolution. Der Homo sapiens entstand im Laufe von ca. 350.000 Generationen aus zahllosen Veränderungen und Wechselwirkungen.

Seit 40.000 Jahren wurde Kleidung durch Nähen herstellbar. Erst vor wenigen Tausend Jahren wurden Steinwerkzeuge durch Metall verdrängt.

Mir ist aufgefallen: Die Rolle von Besitz und Eigentum, von Tausch und Arbeitsteilung, von Kommunikation und Koordination größerer Gruppen, die Weitergabe von Wissen über Generationen hinweg sind Themen, die kaum zur Sprache kommen, was aus unterschiedlichen Gründen nicht überrascht.

Deutlich ist die abschließende Perspektive: Nur die globale biokulturelle Vernetzung könne weltweit das Überleben moderner Menschen sichern. Ein geradezu kosmopolitischer Ansatz.

Nachtrag:

Und der Unterschied zwischen Menschen-Affen und Menschen dürfte in der kulturellen Evolution die Kooperation gewesen sein. Diese These führt Nichola Raihani in ihrem Buch The Social Instinct: How Cooperation Shaped the World aus, das Arnold Kling vorstellt. Dieser Aspekt scheint mir in Friedemann Schrenks Darstellung zu kurz zu kommen. Anders als Tiere, anders als Insekten, die wie Termiten und Bienen und Ameisen zwar eine Arbeitsteilung kennen, aber nur als Teil einer in sich geschlossenen Organisation, ist die menschliche Kooperation als spontane Ordnung grenzenlos produktiv und innovativ. Der Schlüssel besteht in der offenen Kooperation, die kein einziges, alle vereinendes Ziel kennt. Dieser Unterschied – Organisation ist nicht spontane Ordnung – ist heute einmal wieder in Vergessenheit geraten.