Gastbeitrag von Ramin Peymani
Er darf ran, wenn vor Wahlen Stimmen eingefangen werden sollen. Und seine Rolle spielt Thomas de Maizière als treuer Diener seiner langjährigen Weggefährtin mit großer Hingabe. Wann immer Angela Merkel konservative Nebelkerzen werfen will, um enttäuschte Wähler doch noch zur Stimmabgabe für die CDU zu bewegen, hat der Bundesinnenminister seinen Auftritt. Diesmal ließ er das Wahlvolk wissen, Deutschland brauche ein Bekenntnis zur Leitkultur. Man reibt sich verwundert die Augen.
Denn de Maizière weiß besser als jeder andere, dass die Kanzlerin von seiner Leitkultur schon bald nichts mehr wird wissen wollen. Vielleicht schon Mitte Mai, wenn Nordrhein-Westfalen gewählt hat. Spätestens jedoch nach dem 24.
September, wenn Merkels Union die Grünen als Koalitionspartner braucht. Und so ist der am Sonntag in Deutschlands größter Boulevardzeitung vorgestellte „10-Punkte-Katalog“ des Ministers nicht mehr als pures Entertainment. Man lässt sich gerne unterhalten am freien Tag, während man Beine und Seele baumeln lässt. Und mancher wird sich gar einlullen lassen von Merkels Adjutant, der die Wähler dort abholt, wo sie zufrieden und entspannt das Wochenende genießen. In dieser Stimmung neigt der durchschnittliche CDU-Sympathisant auch schon mal zur Leichtgläubigkeit. Die Marketing-Profis der Parteien wissen das und setzen darauf, dass ihr Taschenspielertrick auch diesmal verfängt – so wie immer.
Mit „Fußfessel“-Aktionismus und freiwilligen Abschiebehelfern will sich die CDU als Law-and-Order-Partei positionieren
Doch immer mehr Bürger emanzipieren sich von der Politik. Sie sind aufgeklärter und aufmerksamer als noch vor einigen Jahren. Ohnehin ist das perfide Spiel diesmal allzu durchschaubar.
Flankiert vom „Fußfessel“-Aktionismus und der Suche nach freiwilligen Abschiebehelfern will sich Merkels CDU im Wahlkampf als Law-and-Order-Partei positionieren, um der AfD Wähler abspenstig zu machen. Meinte die Union es ernst und wäre der Vorstoß des Ministers mehr als nur ein Wahlkampfmanöver – man könnte wieder Hoffnung schöpfen für unser Land. Dabei war es tatsächlich die CDU, die den Begriff der Leitkultur im Jahr 2000 in die öffentliche Debatte einführte.
Damals war er freilich noch mit Inhalten besetzt, die von tatsächlichen Konservativen wie Merz, Koch und Stoiber glaubwürdig vertreten wurden. Lautstark war seinerzeit der Aufschrei, und so hat sich die CDU nach und nach aus der Debatte zurückgezogen. Allenfalls darf die Leitkultur noch für die Lobpreisung des Ehrenamtes, für den Appell zur Toleranz und für das Bekenntnis zur Chancengleichheit herhalten. Schon nur mehr mit einem Augenzwinkern wird das Singen der eigenen Hymne angeregt, um es im gleichen Atemzug zur Folklore herabzustufen. Und das Schwenken der eigenen Fahne ist völlig verpönt, wie wir spätestens seit dem Wahlabend 2013 wissen, als die Kanzlerin ihrem damaligen Generalsekretär auf offener Bühne das Deutschlandfähnchen aus der Hand riss.
Es steht zu befürchten, dass de Maizières Leitkultur-Impuls auch dann zu spät käme, wenn er ehrlich gemeint wäre
Wenn nun Thomas de Maizière fordert, Bildung und Erziehung „als Wert und nicht allein als Instrument“ zu verstehen, wendet er sich frontal gegen die linksgrüne Indoktrinierung in Kitas und Schulen. Wenn er „ein besonderes Verhältnis zum Existenzrecht Israels“ aus dem Erbe der deutschen Geschichte ableitet, ohrfeigt er seinen tölpelhaften Ministerkollegen Gabriel.
Wenn er feststellt, „wir sind nicht Burka“, sagt er klipp und klar, dass dem Islam in unserer tief in der christlich-jüdischen Tradition verwurzelten Gesellschaft Grenzen zu setzen sind. All das ist so richtig und so selbstverständlich, dass man sich wundern muss, wie es so weit hat kommen können. Sind wir eigentlich noch zu retten? Wohl nicht. Es steht zu befürchten, dass de Maizières Leitkultur-Impuls auch dann zu spät käme, wenn er ehrlich gemeint wäre. Viel zu tief ist das Gift linksgrüner Ideologien in den Mutterboden unserer Gesellschaft eingesickert.
Längst hat es das Grundwasser verunreinigt und den Acker verdorben, auf dem das zarte Pflänzchen der Demokratie zusehends verkümmert. Ihres linksgrünen Endsieges gewiss, halten sich Deutschlands Journalisten denn auch nicht lange mit Widerspruch auf. Selbst de Maizières Bekenntnis zu „aufgeklärten Patrioten“ nehmen sie ungerührt zur Kenntnis. Sie wissen, dass sie Präsident, Kanzler und Minister sind – und die Lenkung des Staates längst an sich gerissen haben. Eine Leitkultur-Debatte muss daher bei der Rolle ideologisierter Journalisten beginnen. Hier liegt der Ursprung allen Übels.
Quelle: Liberale Warte.
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