Experten benötigen Hilfe – Kontakt zur Realität wiederherstellen
Experten sind Menschen, die als Fach- und Sachkundige über überdurchschnittlich umfangreiches Wissen auf einem bestimmten Gebiet verfügen.
Sie werden für vielfältige Zwecke eingesetzt – unter anderem, um einer Sichtweise oder Einschätzung mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Experten können selbst Politik gestalten oder für politische Positionen in Stellung gebracht werden.
Schon deshalb stoßen Experten regelmäßig auf Widerspruch: Sie vertreten Perspektiven, vermarkten politische Kurse, sie bewerten. Bewertungen aber unterscheiden sich – je nach Perspektive und Maßstab.
Zwei aktuelle, politisch folgenreiche Beispiele erwecken den Eindruck, dass zumindest diese Experten Schwierigkeiten haben. Die Gründe lassen sich untersuchen – sie unterscheiden sich. Es gibt Anzeichen für methodische Schwächen, für Realitätsferne, und dafür, dass sich die Experten einer politischen Elite verschrieben haben. Andere Gründe mag es geben, sie sollen hier keine Rolle spielen. Ein Blick auf die Ereignisse mag genügen.
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Die Zeit hat journalistisch gearbeitet, also nachgefragt.
Das Ergebnis: „Der Russe kommt. Vielleicht.“ In der Ankündigung heißt es: „Politiker und Militärexperten warnen davor, dass Russland 2029 Europa angreifen könnte. Wir haben nachgefragt, woher sie das so genau wissen.“ (Die Zeit)
Die Expertise der namhaften Militärexperten besteht offenbar darin – zu raten.
Methodisch entspricht das einer qualitativen linearen Analyse, gestützt auf nicht-repräsentative Samples anderer Experten zur Bestätigung der eigenen Meinung. -
Der Focus hat eine längere Meldung ohne Einordnung veröffentlicht:
„’Wir fahren das Land vor die Wand‘: Das denken die Deutschen über ihre Zukunft“.
In der Ankündigung heißt es: „Die Menschen in Deutschland sehen schwarz für ihr Land. Das zeigt eine aktuelle repräsentative Studie. Die drei Initiatoren sehen in der Studie zugleich den Auftakt für ein ‚Projekt Zuversicht‘.“ (Focus)
Der bemerkenswerte Befund: Die Menschen in Deutschland erkennen massive, aufgestaute politische Probleme. Die Studien- und Kommunikationsexperten arbeiten nun an einer Lösung. Diese besteht – verpackt in aufgeblasene Worthülsen – darin, Konzepte für gute Stimmung zu entwerfen.
Mancher mag darin das Material für eine Fortsetzung von Graham Greenes Roman „Die Stunde der Schwadroneure“erkennen.