Forum Freie Gesellschaft

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Individuum versus Identität

Der einzelne Mensch bildet den Ausgangspunkt liberalen Denkens. Die liberale Weltanschauung unterscheidet sich in dieser einfachen Tatsache von anderen Sichtweisen, Denkschulen und Ideologien. Das gereicht den Liberalen zum Vorteil und wird ihnen massiv angekreidet. Vorteilhaft ist es dann, wenn Menschen verachtende Herrschaftssysteme, z.B. das SED-Regime und der NS-Staat, kritisiert werden und man sich seiner Liberalität versichert. Als degoutant gilt vielen sowohl der Egoismus des Einzelnen, dann doch lieber altruistisch, als auch das vermeintlich bindungslose, atomistische …

Staatsreform – zwei neue Spitzenämter

Anfang der 1930er Jahre. Die Weimarer Wirtschaft war ein vermachteter und Krisen geschüttelter Verhau. Der semidemokratische Staat und die Regierungen standen in einem Überlebenskampf mit vielen Gegner und Belastungen. Die Zuständigkeit des Staates war beträchtlich gewachsen und wurde von Interessengruppen belagert. Der Freiburger Ökonom Walter Eucken kritisierte 1932 in einem Aufsatz die Entwicklung zum Wirtschaftsstaat, einem von Verbänden politisch gelenkten Staat. Alexander Rüstow fordert den im Herbst 1932 den Rückzug des Staates auf sich selbst, …

Krise und Normalität – Konstruktion und Realität

Wir leben in einer Krisenzeit, einer Zeit von Großkrisen. Seit fast zwei Jahren herrscht ein gesundheitspolitischer Ausnahmezustand. Seit mehr als zehn Jahren leben wir in und mit einer geldpolitischen Krise. Die Flüchtlingskrise liegt als Ereignis zwischen den beiden Großkrisen und wird von der Megakrise Klimawandel überlagert. Was assoziieren Sie mit Krise? Verbreitet ist die Annahme, die Lage verschlechtert sich. Wir sind einem akuten Risiko ausgesetzt. Krise als negative, bedrohliche Entwicklung. Vielleicht verbinden Sie auch eine …

Eleuthokratie – Denkanstoß zur Demokratie-Diskussion

Eleuthokratie, eine Freiheitsherrschaft, das könnte ein spannender Ansatz sein, um eine Debatte über verschiedene Staatsformen anzustoßen. Angesichts zunehmender Kritik am „System“ und „den Eliten“ liegen konstruktive Diskussionen über andere Staatsformen als die schlechteste, bis auf alle anderen, in der Luft. Die Diskussion ist für Spezialisten nicht neu. Anarchokapitalismus gibt es seit und mit Stefan Blankertz im deutschen Sprachraum. Die Privatrechtsgesellschaft ist mit Projekten zu Privatstädten verbunden. Robert Nef hat Nonzentralismus als Perspektive und Prinzip einer …

Wissen, Unwissen, Anmaßen von Wissen

Je älter man wird, desto mehr glaubt man zu wissen und zwar insbesondere, was man alles nicht weiß. Das ist insofern ungewöhnlich als wir in einer Zeit leben, die sich der Jugendlichkeit verschrieben hat. In „Ewige Jugend“ untersuch der in Stanford lehrende Literaturprofessor Robert Pogue Harrison diese quer zur Menschheitsgeschichte liegende Entwicklung und rät, die Weisheit großer Denker wachzuhalten und als Quelle künftiger Erneuerungen zu nutzen. Nun kann nahezu jede Denktradition, wenn schon nicht von …

Dankbarkeit – Glück durch Kennenlernen von 1.000 Menschen, die zum Morgenkaffee beigetragen haben

Wie oft waren Sie in der letzten Woche dankbar? Haben Sie Ihre Dankbarkeit geäußert? Wer aus tiefem Herzen dankbar ist, lebt ein angenehmeres Leben. Wenn sie das nicht glauben, probieren Sie es aus. Besonders intensiv hat A. J. Jacobs dieses Experiment gelebt. Der Bestsellerautor aus New York hat zwar nur ein winziges Büro, verfolgt aber großartige Ideen. Ich bin auf ihn durch ein Gespräch mit Russ Robert gestoßen. Im Podcast Econtalk berichtete Jacobs wie ihn …

“Soziale Gerechtigkeit” und “Politische Korrektheit” – das ganz große Spiel

Mit Ralf Dahrendorf sind Konflikte ein Wesensmerkmal von Gesellschaft respektive politischer Öffentlichkeit. Insbesondere in den USA und Großbritannien werden intensive Debatten geführt, nicht zuletzt um die aktuellen Konflikte zu verstehen. Erklärungsansätze bringen zumeist antagonistische Gruppen in Stellung, z.B. die Somewheres vs. die Anywheres (David Goodheart), anders formuliert lokale vs. globale und kosmopolitische Gruppen sowie regionale versus nationale versus EU-Internationalisten, zudem Insider vs. Outsider des Machtgefüges (Martin Gurri). Im deutschsprachigen Raum lassen sich Themen bezogene Gruppenbildungen …

Meins, Deins, Gemein-Eigentum

Eigentum ist eine gefährdete Spezies: Enteignung, Einschränkung der Verfügungsrechte, Geldentwertung, Steuer- und Abgabenlast, Geldentwertung sowie eigentumsfeindliche Gesetzgebung sind Bedrohungen durch den Staat. Privat kommt nur noch Kriminalität hinzu, abgesehen vom Neid. Hin und wieder gibt es Natur bedingte Schäden. Das Ausmaß der staatlichen Verstöße gegen das Privateigentum ist heute für Liberale fatal. Dem sprichwörtlichen Mops, also dem Hund, der den Wurstschatz bewachen soll, wird auch von sogenannten Wirtschaftsliberalen zu viel wohlmeinende Gestaltungsabsicht beigemessen. Rekordsteuereinnahmen bei …

Wertlos durch Vermehrung

In seiner Novelle “Die unsichtbare Sammlung” beschreibt Stefan Zweig eindringlich Erscheinungsform und Folgen der Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg: “Sie wissen wahrscheinlich selbst, wie es im Kunsthandel jetzt zugeht, seit sich der Wert des Geldes wie Gas verflüchtigt“. Ein renommierter Kunstantiquar aus Berlin ist auf der Suche nach übrig gebliebenen wertvollen Stücken. Im Rausch der Inflationszeit hat die Flucht in Sachwerte den Markt geräumt. In einer sächsischen Kleinstadt sucht er einen greisen Stammkunden in dessen …

Mythos der Machbarkeit

Wir Menschen haben einen Hang zum zielstrebigen Machen. 1988 wurde auf einem Werbe-Meeting der Slogan geprägt, der diese Haltung universell in drei Worte fasst: Just Do It. Die überaus erfolgreiche Botschaft besticht dadurch, dass sie gleichermaßen allgemein gültig wie persönlich ist und in einem Handlungsimpuls besteht. Eine weitere Trias fasst das Tun folgt: Ziele, Mittel, Wege. Du hast ein Ziel oder musst es nur klar genug herausarbeiten. Sobald Du Dein Ziel gesteckt hast, gilt es …

Aufklärung gegen Anti-Kapitalismus und Industrialisierungsunbehagen

“The times, they are a changing.” Bob Dylan ist nicht Ludwig Erhard. Beide können als Anführer bedeutender Bewegungen gelten. Auf sehr unterschiedliche Weise zeichnet beide soziales Engagement aus. Erhard wurde bekannt als Vater des Wirtschaftswunders. Seine Zigarre galt als Symbol rauchender Industrieschornsteine und damit für Wiederaufbau, Wohlstand und ein besseres Leben. Heute geht der Staat pauschal gegen das gesundheitsgefährdende Rauchen vor. Schornsteine und Industrie werden vielfach als umweltverschmutzend und unzeitgemäß dargestellt. Zugleich sind auch Windkraftwerke …

Prof. Dr. Georg Schreyögg (1946-2021)

Die Welt ist um einen klugen Menschen ärmer. Ich bin froh, dass er mein Leben bereichert hat. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Georg Schreyögg war für mich ein wahrer Hochschullehrer. Seine Lehre war anregend, bereichernd, vielseitig. Seine sechs Vorlesungen zu Organisation und Führung gehören zum Besten, das ich an einer Universität im Alltagsbetrieb meines Doppelstudiums gehört habe. Als er am Ende seines Gastsemesters in der FU Berlin ankündigte, wahrscheinlich dauerhaft wiederzukommen, gab es donnernden Applaus. Als …

Ist Politik noch glaubwürdig?

Politiker haben einen drastischen Glaubwürdigkeitsverlust erlitten, schrieb ich 2010. Kaum eine Berufsgruppe ist so schlecht angesehen. Das zeigen demoskopische Untersuchungen. Zugleich haben sich Politiker noch nie so sehr in unser Leben eingemischt wie heute: Von der Durchleuchtung unserer Bankkonten, über das Beleuchtungsverbot für Glühbirnen bis zu Vorschriften und Moralpredigten für eine gesunde, umweltbewusste Lebensweise reicht der lange Arm des Staates, ganz zu schweigen von den unüberschaubaren Vorschriften im Berufs- und Wirtschaftsleben. Inzwischen verursacht die Corona-Politik …

Untere Mittelschicht als Verlierer der Politik

Das Risiko, aus der Mittelschicht abzusteigen, hat in den vergangenen Jahren vor allem in der unteren Mittelschicht zugenommen. Das ist das Ergebnis einer Analyse, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vorgelegt hat. Erstaunlich ist diese Entwicklung keineswegs. Liberale haben darauf immer und immer wieder hingewiesen. Weithin vernehmbar hat Peter Sloterdijk 2009 festgestellt, dass wir nicht mehr in einer Marktwirtschaft, sondern im Semi-Sozialismus leben. Und die Lage der unteren Mittelschicht wird sich weiter …