Was sie sagen und was sie taten – ökonomisch nicht gut
Zwar gilt mit Churchill, dass nie mehr gelogen wird als nach der Jagd und vor Wahlen. Außerdem waren die Versprechen der sich selbst mobil inszenierenden Ampel-Koalition vielfach im Moment ihrer Verkündung – nach der Wahl – unglaubwürdig. Allerdings bleibt in der Rückschau, zumindest aus ökonomischer und liberaler Perspektive, ein Schaudern mit Blick auf den Koalitionsvertrag.
Ich habe mir noch einmal die Ausgabe der Kölner Impulse zur Wirtschaftspolitik 1/2022 vom 04.01.2022 angeschaut. Das Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln gilt als „wirtschaftsliberal“, als ordnungspolitisch orientiert. Dort wirkte einer der Architekten der Sozialen Marktwirtschaft, Alfred Müller-Armack, zugleich Institutsgründer. Anschließend leiteten namhafte Professoren das Institut: Hans Willgerodt, Christian Watrin, Jürgen Donges und Johann Eekhoff.
Im Ton diplomatisch und inhaltlich konziliant lautet das Fazit der damaligen Kommentierung des Koalitionsvertrags: „Nicht immer wird dabei den ordnungspolitischen Vorstellungen entsprochen, die sich viele Ökonominnen und Ökonomen aus dem Korrektiv der Liberalen erhofft haben, um in der Ampel rot-grüne Machbarkeitsfantasien einzuhegen. …“
Nach der erneuten Lektüre fällt aus liberaler ökonomischer Perspektive noch einmal zweierlei auf: wie über alle Maßen etatistisch der Koalitionsvertrag war und wie sehr Ankündigungen und Handeln die Probleme Deutschlands perpetuiert haben. Einige wenige Beispiele:
Kapitel III „Moderner Staat, digitaler Aufbruch und Innovationen“ – Kommentierung: „wenig Konkretes und wenig Orginelles“, „verursacht einen größeren Bearbeitungsaufwand“. Hinzuzufügen ist, dass die Digitalisierung der Staatsbürokratie unverändert als eine der Großbaustellen gilt – ohne Aussicht auf rasche, erfolgreiche Fertigstellung, gleichsam in Konkurrenz mit dem Pergamonmuseum.
Bei „digitaler Infrastruktur“ heißt es, dass „Deutschland noch immer weit von einer internationalen Konkurrenzfähigkeit entfernt ist“.
Noch Kapitel III: „Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ mit 198 mal „Klima“ – Kommentierung: der Vertrag komme „an vielen Stellen nicht über vage – wenngleich teilweise ambitionierte – Absichtserklärungen hinaus“. Das gilt für die völlig gescheiterten Neuzulassungen von Batterieautos, den „vorauslaufenden Ausbau der Ladeinfrastruktur“, die Verdopplung des öffentlichen Personenverkehrs und die Unterstützung des „Fußverkehrs“ (sic!). Fortsetzen lässt sich das mit Deutschland als „Leitmarkt für Wasserstofftechnologien“.
Die Klimapolitik als Herzstück der Ampel-Ambitionen gilt heute weithin als das Übel, das für die Zerrüttung der deutschen Volkswirtschaft verantwortlich ist und zugleich keine Auswirkungen auf das Klima, aber massive Schädigungen der Natur verursacht hat. Der Koalitionsvertrag sah noch vor, andere Staaten der deutschen „Industriestrategie“ dieser Regulierung zu unterwerfen, um Abwanderungen in weniger regulierte und weniger teure Bereiche Europas zu unterbinden.
Eine vielfach gestellte Frage lautet: Was muss passieren, damit wirksame Reformen realisiert werden, weil weithin und mitunter seit Jahrzehnten klar ist, was praktisch getan werden muss? Die Suche nach Antworten dürfte personelle Aspekte betreffen und Systemlogiken im Sinne der Ursache-Wirkung-Mechanismen, die das Funktionieren einer partiell verstaatlichten Gesellschaft aufzeigen.