Interview im “Boom & Bust Report” zum Wirtschaftsfaschismus
Interview im “Boom & Bust Report” zum Wirtschaftsfaschismus

Interview im “Boom & Bust Report” zum Wirtschaftsfaschismus

Interview im “Boom & Bust Report” zum Wirtschaftsfaschismus

Thorsten Polleit gibt den Boom & Bust Report heraus. Für die aktuelle Ausgabe hat mich der Ökonom und Gründer des Ludwig von Mises Instituts über mein aktuelles Buch “Wirtschaftsfaschismus” interviewt. Über die interessanten Fragen konnte ich nachdenken, Daraus ist ein etwas längerer, wie ich finde informativer Text geworden. Hier ein Auszug.

TP: Für Investoren war der Wirtschaftsfaschismus im Deutschen Reich also äußerst risikoreich … . Abschließend eine Frage, die mich doch stark umtreibt: Der Wirtschaftsfaschismus, den Sie analysiert haben, scheint mit in der westlichen Welt im Vormarsch zu sein. Unter Namen wie „Great Reset“, „Zero-CO2“ etc. Wenn ich nicht ganz falsch liege: Wie weit kann das getrieben werden? Sehen Sie noch wirksame Halteleinen? 

MvP: Wirtschaftsfaschismus ist für mich ein Modell, das die Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten durch staatliche Organisation zu fassen versucht. Wirtschaftsfaschismus soll kein Schlagwort sein, sondern im Sinn einer ordnungspolitischen Theorie zum Nachdenken anregen. Ich bin etwas zurückhaltend angesichts der wenig ausgeprägten inhärenten Prognostik, gerade weil plausible, gar einfache Vorhersagen nahezuliegen scheinen. Für konkrete substanzielle Prognosen sind meines Erachtens anspruchsvolle Systemanalysen erforderlich, vielleicht im Sinne von Complexity Economics. Für Mustervorhersagen eignet sich gerade auch die Österreichische Ökonomik.

In diesem Sinne würde ich Ihre herausfordernde Frage aufgreifen. Mir kommt Wilhelm Röpke in den Sinn, den ich im Schlussteil meines Buchs zitiere. Röpke, einer der Gründerväter der Bundesrepublik Deutschland, bezeichnete den Kern faschistischer Ökonomie als „ökonomischen Dadaismus“ – kein Programm, massive Diskrepanz zwischen Ideologie und Realität. Klar ist, Wirtschaftsfaschismus verringert den Wohlstand der Bevölkerung, bereichert zeitweise die gut organisierten Interessen, ruiniert die Währung, sorgt für eine unaufhörliche Kette politikökonomischer Krisen, klein und groß, die durch die etatistischen Interventionen nie gelöst, allenfalls verschoben werden und sich letztlich aufstauen. Eine Sackgasse in der nur Umdrehen hilft.

Das scheint mir das Problem unserer Zeit zu sein: Es mangelt nicht an Krisenanalysen. Es mangelt nicht an vernünftigen Reformvorschlägen. Reformen sind machbar und bringen mit etwas Durchhalten rasch Verbesserungen. Zahlreiche Länder haben das in der Geschichte vorgemacht. Jeder sollte die Währungs- und Wirtschaftsreform in Deutschland vor fast 80 Jahren kennen. Was es braucht sind verantwortungsvolle Macher. Bürokratismus, Hofstaat, die Angehörigen der Technostruktur einer zunehmend organisierten Wirtschaft stehen dem entgegen. Es ist eine vertrackte Mischung aus nicht können und nicht wollen. Je länger es dauert, desto gravierender die Probleme, umso vertrackter das Problemknäuel, umso schwieriger werden Reformen. Strukturreformen stehen in Deutschland seit mindestens 20 Jahren aus. Ich sehe niemanden, der den Gordischen Knoten durchschlägt. Im Etatismus kommen Reformen nur vom Staat und der müsste zunächst abspecken, um dann den Gürtel enger zu schnallen und beweglich genug zu sein, um das Ruder rumzureißen. Was ist wahrscheinlicher in den nächsten 5 Jahren: eine Reformkoalition oder ein haltloses weiter so? Investoren werden wachsam und flexibel weltweit spezifische Gelegenheiten suchen müssen.

Quelle: Dr. Polleits Boom & Bust Report Vol. 1, Nr. 12, 5. September 2024, 3-6.