Wie kann die Anti-Corona-Politik weniger Schaden verursachen?
Die weltweit überwiegend praktizierte Corona/Covid-19-Politik basiert auf der (vielfach impliziten) Annahme, die Eindämmung der Infiziertenzahlen und der Infektionsrate sei die beste oder sogar alternativlose Vorgehensweise.
Dieser Ansatz beruht auf folgenden Thesen und Botschaften – cum grano salis:
- Corona ist eine gefährliche Pandemie.
- Eine Reduktion der Infektionsverbreitung ist dauerhaft möglich.
- Aktives Handeln der Staatsführung beeinflusst das Ausmaß von Corona entscheidend und verringert die durch Corona verursachten Schäden.
- Der Schutz aller Menschen genießt oberste Priorität, weil Corona eine gefährliche Pandemie für nahezu jedermann ist, das Risiko zu erkranken für jedermann erheblich ist und das Risiko zu sterben ebenfalls.
- Der Lockdown ist die alternativlose Methode, um Corona zu kontrollieren und Schäden zu minimieren.
- Die Überlastung der Krankenhäuser kann nur durch Lockdowns gewährleistet werden.
Hinzu kommt zuweilen der Gedankengang, wer Corona hat, der hat sich falsch verhalten und die Gesundheitsvorschriften nicht eingehalten.
Eine andere Sichtweise stellt demgegenüber folgende Annahmen und Aufgaben in den Mittelpunkt:
- Corona ist eine gefährliche Pandemie mit stark unterschiedlichem, altersabhängigen Risiko. Menschen unter 70 Jahren haben eine Überlebenschance nach Infektion von über 99 %; Menschen über 70 Jahre haben eine Überlebenschance von 95%.* Die Überlebenschance hat sich im Verlauf der Epidemie verbessert.
- Eine Reduktion der Infektionsverbreitung ist insbesondere in nicht-autoritären Staaten dauerhaft nicht möglich. Aufgrund der globalen, internationalen und regionalen Verflechtungen, auf denen unser Leben beruht, ist eine Abschottung dauerhaft ausgeschlossen. Ein Lockdown gleicht dem Ausschalten des Lichts, das früher oder später wieder angeschaltet wird. Gerade symptomlose Infektionen verbreiten das Virus. Ausnahmen sind isolierbare Gebiete wie Neuseeland durch Abschottung noch vor dem Ausbruch und nur dann. Corona ist vor allem ein regionales, kein nationalstaatliches Phänomen.
- Die durch die Corona-Politik verursachten Schäden sind größer als der Nutzen. Es sterben mehr Menschen infolge der Corona-Politik. Es erleiden mehr Menschen gesundheitliche Schäden, darunter auch, aber längst nicht allein psychologische. Es kommen enorme langfristige Schäden hinzu: ökonomische, soziale, die Bildung betreffende, langfristig Gesundheit betreffende. Schätzungen befassen sich auch mit der enormen Zunahme absoluter Armut und verhungernder Menschen.
- Der Schutz der Risikogruppen sollte Priorität besitzen. Das Risiko an Corona zu sterben ist für Menschen über 80 Jahre relativ hoch und für unter 65jährige praktisch vernachlässigbar. Auch das Risiko dauerhafter gesundheitlicher Beeinträchtigungen ist absehbar so gering, dass sich damit kaum jemand beschäftigen würde. Die Risiken für Tod und gesundheitliche Beeinträchtigungen sind bei der jüngeren Gruppe niedriger als bei einer Grippe – bei der älteren Gruppe höher. Eine Illustration: Beim US-Sport wurden je nach Sportart verschiedene Strategien verfolgt. Es gibt dort insgesamt nicht einen einzigen Corona-Toten, aber tausende Spieler und Betreuer.
- Die Konzentration auf den Schutz der Risikogruppe mit a) freiwilligen, selbstverantwortlichen, innovativen, unternehmerischen Maßnahmen und b) staatlichen Unterstützungen verursacht weniger Opfer und Schäden. Einer Überlastung der Krankenhäuser wird durch diesen Risiko-Gruppen-Schutz ebenfalls Rechnung getragen. Zugleich trifft ein Lockdown die relativ arme Bevölkerung besonders schwer, während die wohlhabenden relativ profitieren.
Die alternative Sichtweise ist bedeutend, weil
– es wichtig ist Probleme besser zu verstehen,
– nur ein Diskurs unser Verständnis verbessert,
– wir mit Corona und/ oder folgenden Epidemien und Pandemien absehbar dauerhaft leben müssen und können.
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* Zahlenangaben Stand November 2020, Quelle: Jay Bhattacharya auf Econtalk https://www.econtalk.org/jay-bhattacharya-on-the-pandemic/