Ein ganz großer Außenseiter
Ein ganz großer Außenseiter

Ein ganz großer Außenseiter

Ein ganz großer Außenseiter

Maverick ist ein Außenseiter, ein Mensch, der frei von Zwängen handelt, unkonventionell, unabhängig, ein Mensch, der anders als die Masse der Menschen denkt und handelt.

Thomas Sowell ist ein intellektueller Maverick. Ökonom. Ideenhistoriker. Aufklärer von Rassismus und Ungleichheit. Im Grunde genommen ein Sozialphilosoph, der mit dem souverän beherrschten Wissen und Werkzeug eines Ökonomen arbeitet. Von seinem Lehrer Milton Friedman beeinflusst, lernte er sein Handwerkszeug an der Universität von Chicago. Sehr eigensinnig und unabhängig folgte er strikt dem zwanglosen Zwang des besseren Arguments, das auf einer besseren Methode, einer besseren Empirie und einer überlegenen Logik basiert.

Rassismus-Aufklärer

Sowell hat insbesondere der linken, kulturkämpferischen These eines systemischen Rassismus den Boden entzogen. Soziale Ungleichheit und Armut haben für Sowell kulturelle Ursachen, d.h. sie beruhen auf langfristig ausgeprägten Mindsets, Regeln und Verhaltensweisen sozialer Gruppen. Ausbeutung und Diskriminierung können die Unterschiede nachweislich nicht erklären wie er in drei umfangreichen Büchern sowie zahllosen Artikeln und Aufsätzen darlegte.

Fakten statt Fiktionen

Thomas Sowell, 30. Juni 1930 geboren und in armen Verhältnissen u.a. in Harlem aufgewachsen, kam erst auf dem zweiten Bildungsweg zum Studium. Weil zu klug war, um Marxist zu bleiben, bekam er mit genau dieser knappen Begründung auf Empfehlung von Milton Friedman und George Stigler ein Stipendium, bei dem er promoviert. Beeinflusst wurde er auch von Peter Bauer, der gegen den Mainstream aufzeigte, dass die zurückbleibende Entwicklung unterentwickelter Länder nichts mit Entwicklungshilfe zu tun hat und mit seiner Fakten gesättigten Argumentation gegen alle Kritik standhielt. Sowell unterrichtete als Professor u.a. an den renommierten Universitäten Cornell University und UCLA – vor allem durch Diskussion, nicht durch Vorlesungen.

Die namhaften Bücher „A Conflict of Visions“ über Ursachen politischer Konflikte, die ökonomische und ideengeschichtliche Analyse „Say’s Law“ und „Basic Economics“ als Bestseller-Einführung in Ökonomie für jedermann gehören zu den Büchern, die man rasch mit Thomas Sowell in Verbindung bringt.

Produktivität und Professionalität

Die Masse seines Berufslebens war er für die Hoover Institution als Senior Fellow tätig. In Stanford forschte und publizierte er ohne Lehrverpflichtungen. Allein seine 40 Bücher geben einen Eindruck von seiner Produktivität. Als öffentlicher Intellektueller war er mit Kolumnen, Interviews, Fernsehauftritten und Vorträgen sowie auf Konferenzen präsent. Thomas Sowell konnte exzellent schreiben und publizierte viel für normale Menschen. Insofern hat er etwas von Henry Hazlitt und von Milton Friedman. Seinem Biograph Jason Riley zufolge, der sich auf Christopher deMuth (früherer Präsident des American Enterprise Institute) bezieht, war Sowell erfolgreicher in der Popularisierung von Ökonomie und klassischem Liberalismus als Friedman. Er stützte sich dabei auf den Chicago-Ansatz: konkreter, weniger abstrakt, pragmatischer, weniger spekulativ argumentieren – wissenschaftliches Arbeiten als ein Werkzeug zur Problemlösung auf der Basis von Beweisen statt Abstraktionen nutzen.

Staatskritiker aufgrund Staatsarbeit

Sowells Abkehr vom Sozialismus wurde durch einen Sommerjob beim Arbeitsministerium in Washington verursacht. Die Arbeitserfahrung von innen der Regierung heraus brachte ihn dazu, die gesamte Gemeinwohlorientierung der Regierung als eine potenziell wohlmeinende Kraft in Wirtschaft und Gesellschaft zu überdenken. Je mehr Regierungsprogramme Thomas Sowell sich später ansah, umso schwerer fiel es ihm, einen Netto-Nutzen für die Gesellschaft zu erkennen. Das Angebot für die Reagan-Regierung zu arbeiten verwarf er, weil er überzeugt war, von außerhalb mehr für die Gesellschaft leisten zu können. In seinem hayekianischen Buch „Knowledge and Decisions“: zeigt er die Problematik systematisch auf, die er 2015 in einem Interview wie folgt formulierte: „… those with the power didn’t have the knowledge, and those with the knowledge didn’t have the power.“ Damit folgte er John Stuart Mill, den Sowell wie folgt wiedergibt: „…even if the government has more knowledge than anyone in society, it does not have more knowledge than everyone in society.“

Unis sind seit Jahrzehnten kaputt

Kaputte Universitäten beklagte Sowell bereits seit den späten 60er und insbesondere in den 70er Jahren. An erster Stelle trugen rückgratlose Universitäts- und Fachbereichsleitungen die Verantwortung. Sie unterwarfen sich moralistisch-politischer Ideologie. Das galt sowohl beim gezielten Einstellen schwarzer Hochschullehrer aus rassistischen Reputationsgründen als auch bei den Forderungen um die vermeintlich demokratische Mitsprache von Studenten, die ihre Lehrpläne mitbestimmen wollten, ohne hinreichend Wissen zu haben. Sowell konstatierte 2015: „The most intolerant places you can be these days is the academic campus.“

Die Intellektuellen-Biographie von Jason Riley, Senior Fellow am Manhattan Institute und Kolumnist für das Wall Street Journal, folgt den wesentlichen Ideen und Arbeiten Sowells. Einen großen Anteil nehmen spezifisch amerikanische Kulturkämpfe ein. Viele Einblicke in das Leben eine großen Ökonomen und Sozialphilosophen stützen sich auch auf Gespräche mit Thomas Sowell.

Jason L. Riley: Maverick. A Biography of Thomas Sowell, Basic Books, New York 2021, 291 S., 27,68 Euro Hardcover.