Ist die Österreichischen Schule wissenschaftlich nicht wettbewerbsfähig?
Die Österreichische Schule erfreut sich zunehmender Aufmerksamkeit und Verbreitung. Österreichisch inspirierte Studiengänge werden inzwischen auch in Europa vermehrt angeboten. Allerdings spielen österreichische Ökonomen längst nicht mehr in der Top Liga. Sollte sich die wissenschaftliche Arbeitsweise nicht erheblich verbessern, werden Österreicher mangels Wettbewerbsfähigkeit – und nicht aus Gründen gezielter Marginalisierung – absehbar ein kaum wahrgenommenes Nischendasein führen.
Diese Auffassung vertreten Scott A. Beauliera and J. Robert Subrick in ihrem Aufsatz „Understanding Academic Journal Market Failure: The Case of Austrian Economics“, der im Eastern Economic Journal, 2013, 39, (444–463) erschienen ist. Ausgangspunkt ihrer Untersuchung ist die Feststellung, dass Österreicher nicht oder kaum in Top Journals publizieren. Als Grund führen sie nach einer empirischen Auswertung an, dass Österreicher einerseits nicht über Themen schreiben, die für den Mainstream relevant sind, und sie andererseits nicht wie der Mainstream argumentieren. Das Defizit besteht insbesondere in fehlenden empirisch überprüfbaren Hypothesen – sowohl ökonometrisch als auch mittels argumentativer Narrative. Als Beispiele benennen Scott A. Beaulier and J. Robert Subrick die Entwicklungsökonomie, die Handelstheorie, die Theorie des Unternehmens und sogar die politische Ökonomie, von Verhaltensökonomie und experimenteller Ökonomie ganz zu schweigen. Schwerer wiegt die nicht neue Feststellung, es fehle eine Staatstheorie. Der Staat bleib weitgehend eine exogene Größe, zu seiner Entstehung hätten die Österreicher zu wenig zu sagen und das in einer emergenten österreichischen Theorie, die bottom up Phänomene betone.
Der Mangel an Mathematik als ökonomischer Sprache erweise sich als nachteilig, sei aber keine alternativlose Bedingung. Buchanan, Vernon Smith, Coase und Friedman – allesamt Nobelpreisträger – stünden den Österreichern nahe, seien im Mainstream gelesen und gehört worden. Es gebe also Möglichkeiten sich Gehör zu verschaffen, auch ohne Ökonometrie und Mathematik. Es fehle einfach an falsifizierbaren Hypothesen. Und damit blieben die Österreicher, von wenigen Ausnahmen abgesehen, irrelevant.
Scott A. Beaulier and J. Robert Subrick weisen auf Weiterentwicklungen der Österreichischen Schule hin. Ein Revival Österreichischer Ökonomik habe 1974 mit der Aufnahme der Ideen von Kirzner, Lachmann und Rothbard durch junge Ökonomen (Don Lavoie, Mario Rizzo, Gerald O’Discroll) und dem Nobelpreis für Hayek stattgefunden. Indes sei eine Aufnahme von Themen des Mainstreams ausgeblieben.
Kurzum, ließe sich zugespitzt und verkürzend konstatieren, es reicht nicht aus nur Ideengeschichte zu betreiben, sich mit Mises, Hayek und anderen auseinanderzusetzen, weil diese trotz ihrer unbestrittenen Verdienste wirtschaftswissenschaftlich nicht viel Neues bieten können. Inzwischen ist die Mainstream Konkurrenz nicht untätig geblieben. Das gilt auch für österreichisch konnotierte Themen. Die Public Choice Schule ist entstanden. Selbst die Weltbank hat von einer Top down Planung für Investitionen gewechselt zu markt orientierten Reformen. Nicht zuletzt Douglas North ist es zu verdanken, dass Institutionen eine zentrale Rolle in den Wirtschaftswissenschaften und der Wirtschaftsgeschichte zugemessen wird.
Indes müssen österreichische Ökonomen (und Wissenschaftler anderer Disziplinen) die Standards erfüllen, die international gesetzt werden, um einen Platz im Bus des Mainstreams zu ergattern. Und ihr Ziel muss es sein, um mit Peter Boettke zu sprechen, nicht einen Platz, sondern den Platz am Lenkrad zu ergattern. Wissenschaftliche Exzellenz erfordert genauso wie politische Schlagkraft kontinuierliche Lernfähigkeit und ein Verfahren, das Top Leute hervorbringt.*
Michael von Prollius
* Siehe hierzu den Denkanstoss “…ein liberaler Generalstab” in “Wofür brauchen wir eigentlich den Staat“.