Detlef Stronk (Hg): Erfolgreiche Wirtschaftsförderung. Strategien – Chancen – Best Practices, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2016, 174 S., 29,95 Euro.
Wirtschaftsförderung – perspektivenreich erklärt von versierten Praktikern und Hochschullehrern für Praktiker, Studenten und alle, die sich einen anschaulichen Ein- und Überblick verschaffen wollen – das verspricht und hält der Sammelband von Detlef Stronk.
Der langjährige Vorsitzende der ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH und frühere Staatssekretär für Wirtschaft in Berlin hat einen Kreis von Fachleuten aus der Wirtschaftsförderung und damit befassen Hochschulen um sich geschart. Zehn Beiträge informieren in unterschiedlichem Detaillierungsgrad über das, was eine erfolgreiche Wirtschaftsförderung ausmacht, wie Wirtschaftsförderung über die Ebenen EU, Bund, Land und Kommunen organisiert ist und wie sich Wirtschaftsförderung in die Soziale Marktwirtschaft einfügt. Behandelt werden außerdem die Herausforderungen des internationalen Standortwettbewerbs, Praxisbeispiele wie die Staaten übergreifende Wirtschaftsförderung in der Region Bodensee sowie die Innovations- und Clustersteuerung in der Region Berlin-Brandenburg. Auch Technologiepolitik und Standortmarketing werden in eigenen Beiträgen erörtert. Die Autoren beherrschen ihr Handwerk und werben für ihre Arbeit respektive den Ansatz staatlicher Wirtschaftsförderung, kritische Einwände werden berücksichtigt.
Wer einen verständlichen, systematischen Einstieg und Überblick über das weite Feld Wirtschaftsförderung sucht, der findet in dem Band Erfolgsberichte aus drei Schwerpunkten – Berlin-Brandenburg, Baden-Württemberg und Bund.
Mit dem Blick auf eine freie Gesellschaft lässt sich erstens fragen, ob Wirtschaftsförderung zu Unrecht einen Ruf als „Subventionitis“ besitzt, wie Detlef argumentiert. Der frühere Wirtschaftssenator kann sich auf seine Erfahrungen in Politik, Wirtschaft und Bürokratie stützen, wenn er für eine recht verstandene Förderpolitik plädiert, die Prinzipien folgt und Grenzen einhält. Überzeigend klingt der Ansatz einer One Stop Agency für die Wirtschaftsförderung. Ob es zu den staatlichen Aufgaben gehört, für Startgleichheit zu sorgen ist umstritten und trifft bei konsequenten Liberalen auf Ablehnung. Das Problem, dass der Staat über Innovationen entscheidet, lässt sich nicht entkräften. Es erscheint zweifelhaft, dass beispielsweise Facebook in Deutschland hätte entstehen können – in den USA haben Wagniskapitalgeber den Durchbruch ermöglicht. Allerdings hat sich Berlin tatsächlich zu einer der erfolgreichsten Start up Regionen Europas entwickelt.
Ordnungspolitische Herausforderungen für eine Freie Gesellschaft
An dieser Stelle sei eine praktische Herausforderung benannt, die eine Grundsatzfrage betrifft. Wirtschaftsförderung ist, wohl verstanden, kein Selbstzweck. Menschen engagieren sich für die Ansiedelung und Förderung von Unternehmen in ihrer Region. Zumindest ein Ziel besteht darin, die Lebensqualität zu verbessern. Dafür gibt es grundsätzlich zwei Wege: Entweder finden sich private Investoren und Vereinigungen, die die Ansiedlung nationaler und internationaler Unternehmen begleiten und mitunter erst ermöglichen; dazu gehört auch deren Unterstützung bis zur erfolgreichen Marktetablierung. Oder diese Tätigkeiten werden von staatlichen respektive semistaatlichen Behörden übernommen. Welchen Weg die Menschen eines Gemeinwesens beschreiten, ist grundsätzlich ihnen überlassen. Ein entscheidender Maßstab ist der Erfolg, der mit einer „ordnungspolitischen Vollkostenrechnung“ gemessen werden könnte. Darunter würden nicht nur monetäre Aufwendungen und Erträge fallen, sondern auch Fragen des Rechts, insbesondere der Rechtsgleichheit. In der heutigen Welt der sozialbürokratischen Marktwirtschaft dürfte bis auf weiteres eine Beteiligung staatlicher Stellen auch aus liberaler Perspektive unumgänglich sein, was ganz wesentlich mit dem Themenfeldern Recht, Infrastruktur und etatistischer Haltung maßgeblicher Teile der Bevölkerung zu tun hat, Unternehmer darin eingeschlossen (Anspruchhaltung an den Staat). Die Bundesrepublik hat, wie Detlef Stronk thematisiert, eine jahrzehntelange Struktur- und Förderpolitik praktiziert. Für ein Aufbrechen dieser Praxis wäre ein Deregulierungswettbewerb in Sonderwirtschafts- und Sonderrechtszonen denkbar. Die Aufgaben, neuen Unternehmen möglichst einfach auf eine attraktive Region aufmerksam zu machen, ihnen Kapital zur Verfügung zu stellen und Infrastruktur zu errichten, bleiben bestehen.
Diese Herausforderungen bestehen auch in einer tatsächlich freien Gesellschaft mit einem Staat, der sich auf legitime, hoheitliche Aufgaben beschränkt. Dort wäre es schwerlich möglich, Unternehmen Privilegien zu gewähren und diese zu subventionieren. Dort läge die Herausforderung freier Menschen darin, sich für die Verbesserung ihrer Region zusammenzuschließen. Und das wirft die Frage auf, ob nicht erneut semistaatliche Vereinigungen entstehen würden.
Michael von Prollius