Wir leben in einer Zeit, in der es vielen Menschen materiell so gut geht wie nie zuvor.
Zugleich erleben wir mediale Hysterie und eine Umwertung der Werte. Politisch feinfühlige Menschen blicken deshalb sorgenvoll in die Zukunft.
Die herrschenden, besser Ton angebenden Sozialingenieure in Parteien, Medien und Nichtregierungsorganisationen stellen sukzessive die Verhaltensweisen eines ehrbaren Bürgers auf den Kopf.
Ein wichtiges Mittel ist die sogenannte „politische Korrektheit“. Das ist die Ideologie, die vorgibt, dass es in der politischen Öffentlichkeit korrekt, also rechtmäßig zugeht, tatsächlich aber die Fundamente einer freien Gesellschaft aushöhlt.
Im Mittelpunkt steht die freie Meinungsäußerung, die eigentlich Inbegriff korrekten politischen Verhaltens ist. Ich höre mir an, was mein Gegenüber zusagen hat, und trete ihm bei abweichender Meinung mit Argumenten entgegen. Das ist allerdings auf vielen Feldern nicht mehr das gültige Verfahren, weil es angeblich Klimaleugner, Rassisten, Rechte, Diskriminierer, Frauen unterdrückende Männer, Fake News Verbreiter gibt, deren Sichtweise per se des Teufels ist – ohne sie gehört zu haben, geschweige denn ihre Ansichten zu prüfen.
So wird die Meinungsfreiheit kujoniert, verstümmelt, zensiert.
Die perfide Strategie der „politischen Korrektheit“ besteht darin, ohne jedweden Beweis über vermutete emotionale Betroffenheit und angemaßte Moralvorstellungen vorzugeben, was gesagt werden darf und was nicht. Die Dressur des Bürgers ist, wenn nicht immer das Ziel, so doch stets das Ergebnis.
Warum das einen Rückfall hinter die Aufklärung darstellt, warum das Heuchelei ist und welche perversen Tatbestände damit verbunden sind, erläutert Daniele Giglioe, Professor für Literaturwissenschaft an der Universität Bergamo in einem NZZ-Artikel: Die Heuchelei der Weinerlichen.