Eine Kausalrevolution
Eine Kausalrevolution

Eine Kausalrevolution

Eine Kausalrevolution

In den letzten etwa vier Jahrzehnten hat sich eine Kausalrevolution ereignet.

Eine wesentliche Rolle spielt die Mathematik. KI ermöglicht beträchtliche Fortschritte. Der Schlüssel liegt jedoch im weiterentwickelten Denken: „Mind over Data!“ Das gilt zumindest für Judea Pearl (*1936), einer der Gründerväter der KI, Informatiker, ausgezeichnet mit dem Turing Award, eine Art Informatik-Nobelpreis.

Why? Das ist die Mutter aller Fragen – von der Kindheit an. Die Frage zielt auf den Zusammenhang von Ursache und Wirkung, also auf Kausalität. Die Masse unseres Wissens ist Beziehungswissen, also kausales Wissen. Bereits als Gott Eva fragte: „Was hast Du getan?“ antwortete Eva kausal mit „warum“.

Inzwischen ist eine Wissenschaft der Kausalität entstanden, durch logische Schlussfolgerungen (Inferenz) gewonnenes Wissen. Mathematik leistet als Sprache einen wesentlichen Beitrag zur Fortentwicklung, eine Kausalitätssprache, deren Fehlen den Erkenntnisfortschritt bis dato hemmte.

Für Judea Pearl bildet die Verbindung von Statistik (neudeutsch Data Science) und die Lösung von Problemen mittels Kausalität einen Pfad der Revolution. Pearl betont, Daten seien selbst dumm, sie sagen nichts über Kausalität. Das könne nur der Mensch. Erforderlich seien sorgfältig erarbeitet Kausalmodelle, die Ursache-Wirkungszusammenhänge abbilden. Korrelationen erlauben keine Modellbildung. Dementsprechend gilt: Erst kommt das Kausalmodell, dann das Sammeln von Daten.

Pearl kann dabei Bayes’schen Wahrscheinlichkeiten und -tableaus viel abgewinnen, das sind bedingte Wahrscheinlichkeiten, die Ursache und Wirkung berechenbar machen, gerade wenn kausale Komponenten fehlen. Über Daten lassen sich dann Zusammenhänge erschließen.

Weithin bekannt geworden ist Pearls dreistufige Leiter der Kausalität. Kurzgefasst bedeutet die erste Stufe „Seeing“: Regelmäßigkeiten im vergangenen Verhalten identifizieren mit Statistik. Was war? Was ist passiert? Stufe zwei „Doing“: Für Handeln ist ein Kausalmodell erforderlich, implizit oder explizit, z.B. was passiert bei einer Verdopplung des Preises (für Energie)? Zukunftsfragen sind dem immanent: Was wird, was könnte passieren? Stufe drei „Imagineing“ umfasst kontrafaktische Vorstellungen. Was-wäre-wenn-Überlegungen beruhen auf Mustererkennungen und Kausalmodellen und erlauben die Betrachtung zukünftiger Entwicklung und deren Wahrscheinlichkeit.

Bewertung

„The Book of Why“ ist ein anspruchsvolles Buch für mathematisch und methodisch nicht versierte Leser. Zugleich wird das Umwälzungspotenzial deutlich, das der Logik der Ursache-Wirkungszusammenhänge innewohnt. Auch die begrenzte, aber wichtige Rolle von Daten wird hier klar und konsequent dargelegt. Ein Klassiker für Insider und Impuls für Aufmerksame.

Judea Pearl und Dana Mackenzie: The Book of Why. The new science of cause and effect, Hardcover Basic Books 2018 antiquarisch ca. 54 Euro, Taschenbuch Penguin Science 2019, 432 S., 10,29 Euro.

Kurzzusammenfassung der Kapitel auf https://en.wikipedia.org/wiki/The_Book_of_Why