Liberale wollen, dass es allen Menschen gut geht. Liberalismus ist weder eine Lifestyle-Show noch ein Leistungswettbewerb zugunsten der Starken. Liberalen liegt das Wohl aller Menschen am Herzen. Im 19. Jahrhundert war das immer wieder eine Massenbewegung – gegen die Mächtigen. Das gilt für die Abschaffung der Corn Laws in England genauso wie für die 1848er Massenerhebungen für Freiheit und gegen Restauration in vielen Teilen Deutschlands und Europas.
Heute herrscht Verwirrung. Liberalismus, besonders in der Form des Neoliberalismus, gilt als Ideologie und Politik für Reiche, für Eliten, für böse Kapitalisten. Die Liberalisierung der Finanzmärkte habe Spekulanten und Heuschrecken entfesselt. Konzerne profitierten von Deregulierung, Steueroasen und Ausbeutung einfacher Arbeiter. Schließlich geht die Angst um, weil Liberale den Wohlfahrtsstaat ablehnen, der doch für ein Mindesteinkommen sorge. Und es kommt noch schlimmer, gerade für das Wohl der normalen, einfachen Menschen: Hasenfüßige Liberale sagen nicht „Nein!“ zum Samtpfotensozialismus und nicht „Stopp!“ zu asozialen Enteignungsinitiativen sowie zu Frieden verachtenden Cancel-Aktivisten.
Ausgerechnet Sahra Wagenknecht kann Liberalen einen hilfreichen Impuls bieten. Offenkundig geht es nicht darum einer ausgewiesenen Stalinistin, die mit dem Ordoliberalismus flirtet und schnell scharf denkt, das Wort zu reden. Vielmehr darf sie einen Moment für linke Positionen insgesamt stehen und für die Fähigkeit, liberale Theorien in das eigene Ideengebäude zu inkorporieren. „Die“ Linken vermögen es, Menschen für ihre Sache zu gewinnen. Die Ursachen sind vielfältig. Dazu gehört, gegen die Fakten, gegen die empirischen Befunde, gegen die historischen Tatsachen eine asozial wirkende Politik als Arbeiter und Bauern freundlich verkaufen zu können. Dazu gehört auch der Hinweis auf gesellschaftliche, ökonomische und politische Missstände – durch Anprangern von Investmentgesellschaften und Hedgefonds, die von der inflationären Zentralbankenpolitik profitieren. Linke lassen fragwürdige Unternehmen nicht vom Haken, nur weil diese innerhalb von politischen Rahmenbedingungen rechtmäßig, aber in einer gesellschaftspolitischen Perspektive moralisch fragwürdig handeln. Linke sprechen die Nöte der Mittelschicht an, gerade der unteren Mittelschicht sowie der Armen. Und sie haben einfache Maßnahmen parat. So haftet Links der Ruf an, sozial zu sein, dabei haben die Liberalen die besseren sozialen Rezepte, aber kaum soziale Empathie.
Liberale hocken zu sehr im Elfenbeinturm. Liberale erscheinen mit ihrem Florett angesichts intellektueller Debatten als Spiegelfechter. Wer greift die Titanen an, die Macht und Vermögen anhäufen, während die normalen Menschen ihr Leben nicht mehr aus eigener Kraft verbessern können? Wer äußert Verständnis für Vermögen auftürmende Unternehmen und hält gleichzeitig Einsparungen im Sozialhaushalt für richtig?
Liberalismus in one lesson ist gefragt. Henry Hazlitt schaffte 1947 einen Bestseller mit wirtschaftspolitischer Bildung. Wichtiger ist die Jugend, die sich vielseitig zu engagieren beginnt – ein Lichtblick. Wirklich wichtig ist ein Liberalismus für die kleinen Leute.