Viele Menschen blicken immer wieder auf die Weltwirtschaftskrise, die in den USA aufgrund ihrer einzigartigen Länge und Tiefe als „Große Depression“ bezeichnet wird, und die Politik des „New Deal“. Sie hoffen dort Lösungen für aktuelle Probleme zu finden. Das ist in der Tat möglich, jedoch nicht entlang der offiziellen Pfaden des Mainstreams.
Der New Deal war eine Mixtur aus staatlichen Ausgaben und Kreditvergaben, Regulierungen und Besteuerungen sowie einer expansiven Geldpolitik, die Steven D. Levitt in der New York Times als Politik des „Identifiziere ein Problem und versuche es zu lösen“ beschrieben hat. Eine unausweichliche Folge eines derartigen Punktualismus ist eine Spirale immer neuer Probleme und vermeintlicher Lösungen.
Auffassungen und Berichte über den New Deal werden immer noch von Trugschlüssen und Irrtümern dominiert. Dazu gehören Meinungen wie der New Deal sei eine Erfindung von US-Präsident Roosevelt gewesen, dabei stammen die Politiken bereits von seinem Vorgänger Hoover.
Murray N. Rothbard hat mit seiner profunden Geschichte von „America’s Great Depression“ nicht nur die Ursachen für die Weltwirtschaftskrise, sondern auch deren Verschärfung durch den New Deal von Präsident Hoover nachgezeichnet. Der gravierendste Irrtum dürfte der Glaube sein, der New Deal habe zur Überwindung der Großen Depression beigetragen, tatsächlich hat der New Deal die außerordentliche Tiefe und Länge der Wirtschaftskrise verursacht. Bemerkenswerter Weise trug sich der größte industrielle Kollaps der US-Geschichte erst im Jahr 1937 zu, also acht Jahre nach dem Börsencrash und im fünften Jahr des New Deal.
Zudem hat nicht der Zweite Weltkrieg das Ende der Weltwirtschaftskrise herbeigeführt. Vielmehr markiert erst die Nachkriegszeit den Zeitpunkt der Krisenüberwindung. Im Mai 1939 erklärte US-Finanzminister Morgenthau: „Ich sage nach 8 Jahren dieser Regierung, wir haben genauso viel Arbeitslosigkeit wie zu Beginn … und ein enormes Schuldenproblem”.
Übrigens prognostizierten die Keynesianer eine Nachkriegsrezession angesichts sinkender Staatsausgaben und der Rückkehr von Millionen Soldaten auf den Arbeitsmarkt. Das Gegenteil trat ein. Während die Staatsausgaben zurückgingen boomten privater Konsum und private Investitionen. Die Arbeitslosigkeit betrug, nachdem die Masse der Rückkehrer in der Wirtschaft einen Platz gefunden hatte, 1947 nur 4%.
Kurzum: Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen des New Deal haben die Wirtschaft nicht wie beabsichtigt stabilisiert, sondern zusammen mit der Kriegswirtschaft eine anderthalb Jahrzehnte währende, geradezu wirtschaftsfeindliche Instabilität geschaffen.
Die Große Depression lässt sich in mehrere Phasen aufgliedern: Der erste New Deal unter Präsident Hoover von 1929 bis 1934 und der zweite New Deal von 1935 bis 1940. Dies ist zugleich die Zeit der Großen Depression im engeren Sinne. Dem folgte der Übergang zur Kriegswirtschaft in den Jahren 1940 und 1941 und die Befehlswirtschaft des Krieges von 1942 bis 1945. Demobilisierung, Deregulierung und Rückkehr zur Marktwirtschaft umfasste die Zeit von 1945 bis 1946. Erst dann begann die Nachkriegsprosperität, mit der die Große Depression ihr Ende fand.
Robert Higgs1 hat in seinen Studien aufgezeigt, dass der New Deal eine außerordentlich große Unsicherheitspolitik für Investoren bedeutet hat. Eine bis dato nicht dagewesene Flut von Gesetzen, Regulierungen und Gerichtsentscheidungen machte unternehmerische Aktivitäten unattraktiv. Die Investorenverachtung Roosevelts und seiner Berater sind eine viel zitierte Tatsache. Auch die Unwägbarkeit, ob die Verfügungsrechte über ihr Privateigentum erhalten bleiben würden, haben Investoren zwischen 1935 und 1941 verunsichert. Historiker haben aus Meinungsumfragen eine große Menge zeitgenössischer Äußerungen zusammengetragen, die eine verbreitete Furcht unter Unternehmern vor Eingriffen bis hin zu einer Wirtschaftsdiktatur belegen.
Nach dem Tod Roosevelts und dem Rückzug des New Deal sowie der Nachkriegsderegulierung wagten Investoren wieder ihr Geld zu investieren und zwar massiv. Für die Investoren war der Alptraum vorüber und für die Wirtschaft Prosperität möglich, urteilt Robert Higgs. Bemerkenswerter Weise deckt sich diese Entwicklung mit der Konjunkturerwartung der Geschäftsleute für die Nachkriegszeit.
Allgemein anerkannt sind die desaströsen Folgen der Agrarsubventionen und der Versuch die Industrie zu kartellieren. Weniger beachtet wird die Tatsache, dass die öffentlichen Programme wesentlich durch die arme Bevölkerung bezahlt wurden. Viele Steuern wurden auf populäre Konsumgüter erhoben, die für Geringverdiener besonders schwer ins Gewicht fielen. Die drastische Erhöhung der „Reichensteuer“ bereits unter Hoover von 25% auf 63% mag dem Glauben geschuldet sein, Geld ist Genug da, man muss es sich nur holen, vermindert aber psychologisch und praktisch den Wohlstand . Nicht nur Arme und Reiche wurden besteuert. Die öffentlichen Investitions- und Arbeitsprogramme waren nur durch drastisch steigende Staatsausgaben möglich (Verdoppelung von 4% auf 8% des BIP), die mit massiven Steuererhöhungen einher gingen, ob Erbschaft, Einkommen oder Körperschaft, jeder verlor Eigentum. Zugleich lässt sich zeigen, wie Roosevelt mit seinen Programmen gezielt künftige Wähler bediente. Zusammen genommen spricht viel dafür, öffentlich Investitionsprogramme nicht nach einem vermuteten Konjunkturimpuls, sondern nach ihrer spezifischen Produktivität zu beurteilen.
Es sollte uns eine Lehre sein, dass die Maßnahmen der 30er Jahre das Gegenteil von dem erreicht haben, was ihre Urheber erklärtermaßen damit zu erreichen suchten. Die erforderlichen Anpassungen der Wirtschaft werden verzögert, das Geschäftsklima wird künstlich und nicht durchhaltbar befeuert oder verschlechtert sich.
Literaturhinweis: Robert Higgs: Regime Uncertainty. Why the Great Depression Lasted So Long and Why Prosperity Resumed after War, in: The Independent Review 1 (1997) 4, 561-590, 563f.