Ein fortschrittlicher Bürger hat mir einen Beitrag zur Diskussion über eine große Steuerreform geschickt. Sein Entwurf sieht eine modifizierte progressive Einkommenssteuer vor. Zwei zentrale Aspekte stören mich:
- Die Flat Tax sei frühzeitig zurecht als sozial verfehlt erkannt worden.
- Die Progressionssteuer erfülle – anders als die Flat Tax – die Forderung, wer mehr verdient, soll nicht nur mehr, sondern „erheblich mehr“ zum Gemeinwohl beitragen.
Aus klassisch-liberaler Sicht ist das Grundübel ein problematisches Rechts- und Staatsverständnis.
Die Fehlkonstruktion einer progressiven Besteuerung liegt in der Annahme, dass Steuern sozial sind, höhere Steuern sozialer sind und das Gemeinwohl durch eine beliebig hohe Festsetzung der Steuern befördert wird. Die verfehlte und täglich widerlegte Annahme besteht darin, der Staat brauche hohe Steuereinnahmen und würde damit etwas für das Gemeinwohl tun.
Ein Beispiel: In Deutschland wird als Einkommenssteuer eine Flattax von 20 % eingeführt. Herr Müller zahlt für sein Jahreseinkommen von 10.000 Euro eine Steuer von 2.000 Euro, Herr Meier für 100.000 Euro 20.000 Euro und Hr. Schmidt für 1 Millionen Euro Einkommen Steuern in Höhe von 200.000 Euro. Lassen wir die Steuerbefreiung für Geringverdiener außer Acht. Wie kann man allen Ernstes behaupten, dass Herr Meier und Herr Schmidt mit 20.000 und 200.000 Euro nicht „erheblich mehr“ Steuern bezahlen als Herr Müller, die genau 18.000 bzw. 198.000 Euro mehr von ihrem Einkommen an den Staat abführen?
Die progressive Einkommenssteuer behandelt unterschiedliche Menschen nicht gleich, sondern unterschiedlich – es gelten unterschiedliche Steuertarife. Ihre Festlegung folgt nicht dem Recht der Freiheit, sondern einem politischen Aushandlungsprozess, der letztlich willkürlich ist. Ich halte die Steuerprogression daher für sozial ungerecht und für eine Neid getriebene Steuer.
Tatsächlich zeigt eine aktuelle Untersuchung, dass Menschen Steuern ganz wesentlich aus der Perspektive des Neides betrachten. Die Mehrheit befürwortet sogar Modelle, in denen höhere Steuern für Reiche mit niedrigeren Transfers für Arme einhergehen, als im Vergleichsmodell etwas niedrigere Steuern für Reiche und etwas höhere Transfers für Arme.
Für Liberale kann das Ziel daher nicht eine verbesserte progressive Steuer sein, sondern Gleichheit unter dem Gesetz – steuerlich also eine Flattax.
Die vernebelten Progressiven hat H. L. Mencken eingängig charakterisiert: „A Progressive is one who is in favor of more taxes instead of less, more bureaus and jobholders, more paternalism and meddling, more regulation of private affairs and less liberty. In general, he would be inclined to regard the repeal of any tax as outrageous.“