Alexander Rüstow Brevier
Alexander Rüstow Brevier

Alexander Rüstow Brevier

Meine Bücher. Einsichten. #4

Alexander Rüstow Brevier

Mein viertes Buch ist ein Brevier über eine außergewöhnlich gebildete und vielseitige Persönlichkeit. Nach seiner berühmten Dissertation über die Theorie des Lügners „Wenn ein Kreter sagt, ‚alle Kreter sind Lügner‘, hat er dann gelogen oder die Wahrheit gesagt?“ folgten berufliche diverse berufliche Stationen, darunter wissenschaftlicher Abteilungsleiter eines altphilologischen Verlags, Offizier im Ersten Weltkrieg, Referent im Reichswirtschaftsministerium, Syndikus und Leiter der Forschungsabteilung im Verein Deutscher Maschinenbauanstalten (VDMA), Emigrant und Professor für Wirtschaftsgeographie in Istanbul, als Spätheimkehrer “Erbverwalter” Max Webers und Lehrstuhl-Nachfolger von dessen Bruder Alfred Weber in Heidelberg, schließlich Vorsitzender des Think Tanks „Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft“.

Alexander Rüstow, einer der letzten Universalgelehrten, nahm als Humanist, Sozialphilosoph, Kultursoziologe und Nationalökonom kein Blatt vor den Mund. Er forderte eine Freiheitspflicht: „Was wir hier brauchen, das ist eine Freiheitspflicht, eine Pflicht zur Freiheit, die jeden Menschen verpflichtet, seine eigene Freiheit zu wahren, und die solidarischer weise jeden Menschen verpflichtet, jedem anderen Menschen, der seine Freiheit verloren hat, nach Kräften zur Wiedererlangung dieser verlorenen Freiheit zu verhelfen.“ Als der Linke unter den neuen Liberalen wandte er sich massiv gegen den Wohlfahrtsstaat: „Der totale Wohlfahrtsstaat ist unvermeidlicher Weise ein totalitärer Zwangsstaat, und wir würden damit letzten Endes, ob wir wollen oder nicht, auf die Staatssklaverei des Totalitarismus lossteuern.“

Alexander Rüstow war der Namensgeber des Neoliberalismus, wirkte in Wissenschaft, Wirtschaft und auf dem Feld der Politik. Als leidenschaftlicher Geschichtssoziologe und zeitkritischer Kommentator verstand er Wissenschaft nicht relativistisch, sondern als ein Gebiet, auf dem es Position zu beziehen gilt. Den Humanisten trieb die Idee der Menschlichkeit an: „Ich bejahe die Freiheit und verneine die Herrschaft, ich bejahe die Menschlichkeit und verneine die Barbarei, ich bejahe den Frieden und verneine die Gewalt“. Sein opus magnus „Ortsbestimmung der Gegenwart“ interpretierte den Verlauf der Geschichte, den Aufstieg und Niedergang von Kulturen als Ringen zwischen Herrschaft und Freiheit.

Für das Brevier habe ich seine wesentlichen Werke gelesen, markante Passagen mit Bezug zu Herrschaft und Freiheit zusammengetragen und übertitelt und einen Essay zu seinem (ideengeschichtlichen) Wirken verfasst. Rüstow ist immer und heute besonders lesenswert.

Das Alexander-Rüstow-Brevier ist 2007 im Hepp Ott Verlag erschienen.
Der Deutschlandfunk wurde darauf aufmerksam.