Eigentum ist das Fundament der Demokratie
Eigentum ist das Fundament der Demokratie

Eigentum ist das Fundament der Demokratie

Eigentum ist das Fundament der Demokratie

„Das individuelle Privateigentum, bei gerechter und allgemeiner Verteilung, bildet das einzig uns bekannte einigermaßen sichere und feste Fundament für Freiheit, Unabhängigkeit und Menschenwürde jedes Einzelnen.“ Diese bedeutungsschwere Einschätzung von Alexander Rüstow aus dem Jahr 1950 teilten auch die übrigen Gründerväter der Sozialen Marktwirtschaft von Ludwig Erhard bis Wilhelm Röpke. Heute ist die Privateigentumspolitik zu einer staatlichen Umverteilungspolitik degeneriert. Eine Umfrage des Allensbach Instituts zeigt: Lediglich 41 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass nur Eigentum dazu imstande ist, persönliche Sicherheit und Unabhängigkeit zu gewährleisten. Die schlimmsten Befürchtungen unserer Gründerväter haben Gestalt angenommen: Die staatliche „Ökonomokratie“ hat eine Bevölkerung von „Sozialrentnern“ geschaffen. Wer sein Schicksal und Leben dem Staat überantwortet, verliert das Gefühl für Wert und Würde der Persönlichkeit und wird unsicher. Davon war Ludwig Erhard überzeugt.

Die Stiftung Familienunternehmen versucht der Erosion des Fundaments unserer Demokratie entgegenzutreten. Der außerordentlich vielseitige, bei Herder erschienene Band „Eigentum. Warum wir es brauchen. Was es bewirkt. Wo es gefährdet ist“ bietet eine Fülle von Perspektiven auf das Eigentum, seine Formen, Veränderungen und Voraussetzungen, die mit Eigentum verbundenen Herausforderungen und Verpflichtungen, die vielen bekannten Gefährdungen und einige alte wie neue Alternativen, von der Allmende bis zur Share Economy.

Das Buch beginnt mit der im Grunde erschreckenden, ein wenig schön geredeten Umfrage. Lediglich 42 Prozent der Befragten verstehen offenbar noch, dass Eigentum sowohl dem Wohl des Einzelnen als auch dem der Gemeinschaft dient. Dazu passt der erste Satz des Buches: „Eigentum wird heute vielfach mit Verteilungsfragen verbunden.“ Wo bleiben da Unabhängigkeit und Menschenwürde? würde Alexander Rüstow fragen.

Das Buch ist klug konzipiert. Alle 15 Kapitel nach der Auswertung der Meinungsumfrage sind zweigeteilt. Einem konzisen, informativen Überblickstext folgt ein thematisch passendes Interview mit einem Wissenschaftler. Die Experten stammen primär aus den Wirtschaftswissenschaften, aber auch Philosophie, Geschichte und Neuroökonomie. Der frühere Bundesverfassungsrichter Paul Kirchof gehört ebenso dazu wie Hans-Werner Sinn und Carl-Christian von Weizsäcker sowie der Historiker Harold James. Der Epilog enthält zehn Thesen. Sie folgen dem Tenor, dass Eigentum einen unverzichtbaren Baustein für wirtschaftlichen Erfolg bildet und stecken die Aufgabe ab, die westlichen Wirtschaftsordnungen wieder besser zu gestalten und den gesellschaftspolitischen Umgang wieder in konstruktivere Bahnen zu lenken.

Für das Ziel, eine Debatte anzustoßen, wurde wissenschaftlich und allgemeinverständlich gut gearbeitet. Das über 330 Seiten umfassende Kompendium erschließt und liest sich schnell. Die Herausforderung dürfte darin bestehen, Diskussionen dort anzustoßen, wo die etablierte Schar der Wissenden und Wohlmeinenden aufhört. Dazu werden innovative Ansätze in den sozialen Medien einschließlich einprägsamer Videos erforderlich sein.

Vieles ist so grundlegend, dass es in die Schulen gehört. Zur Bedeutung von Eigentum für eine Marktwirtschaft heißt es eingangs: „Privates Eigentum ist, neben der freien Preisbildung die wohl wichtigste konstituierende Voraussetzung für eine moderne Marktwirtschaft.“ Das sollte in viel mehr Köpfen in der Schule abrufbar sein, vor allem in Lehrerköpfen. Als Unterrichtsstoff sei das Kapitel „Zwischen Voraussetzung und Gefährdung“ empfohlen.

Ergänzen ließe sich wiederholt die weit über die Wirtschaft hinaus reichende Bedeutung von Eigentum, das Ausdruck persönlicher Freiheit und Voraussetzung einer freien Gesellschaft ist. Paul Kirchhof weist auf das Grundprinzip hin: (nur) Eigentum ermögliche die individuelle Entfaltung und setze Leistungsanreize. Wer über das Wort Familienunternehmer nachdenkt, erkennt zudem die darin enthaltene Pflege von Eigentum über Generationen hinweg.

Das Ausmaß der staatlichen Verstöße gegen das Privateigentum kommt strukturell zu kurz. Dem sprichwörtlichen Mops, der den Wurstschatz bewachen soll, wird zu viel wohl meinende Gestaltungsabsicht beigemessen. Sozialismus und Bürokratismus, Rekordsteuereinnahmen und vernachlässigte Infrastruktur, aber auch die Euro-Krise weisen auf Sonderinteressen verfolgende Politiker und Staatsdiener hin. Hans-Werner Sinn erläutert das mit einem Hinweis auf Adenauer. Der habe privaten Häuserbau befürwortet als Schutz gegen sozialistische Experimente. „Denn wenn wenig Eigentum da ist, neigt man dazu, seine Probleme durch Umverteilung zu lösen, also indem man es anderen wegnimmt.“ Und er fährt fort: „Wenn man das privat tut, kommt man in den Knast. Wenn man es kollektiv tut, beispielsweise durch die Wahl entsprechender Parteien …, ist es zwar legal, aber in seinen Konsequenzen katastrophal.“

Eigentum erfordert mündige Bürger. Privateigentumspolitik soll Politik überflüssig machen. Um beides zu erreichen, ist mehr als ein Buch erforderlich.

 

Quelle: zuerst erschienen in Junge Freiheit Nr. 36 /2018 vom 31. August 2018, 21