Gutes Mindset. Gelungene Präsentation. Erfreulicher Aufruf zur politischen Diskussion.
Nena Schink, Wirtschaftsjournalistin und Moderatorin bei BILD, ruft mit ihrem flott geschriebenen Bestseller „Ich bin nicht grün, Ein Plädoyer für Freiheit“ leidenschaftlich zur Diskussion auf. Ihr Engagement für Freiheit, insbesondere Meinungsfreiheit, fällt vollkommen aus der Zeit und ist so zeitgemäß wie lange nicht.
In 13 kurzen Kapiteln, eingerahmt von Vor- und Nachwort, setzt sich Nena Schink argumentativ mit bekannten Positionen der Partei Die Grünen auseinander. Sie sorgt sich vor dem sozialistischen Kern der Verbots- und Planungspartei. Eine Stimme für die Grünen sei immer eine Stimme für die Partei Die Linke. Ihr fehlt es an Neinsagern in der Öffentlichkeit.
Zwar seien die Medien nicht gleich geschaltet, aber hätten viel zu einig die Spitzenkandidatin Baerbock als geeignete Bundeskanzlerin hofiert. Mangels Regierungserfahrung und Wirtschaftsexpertise hält Nena Schink Frau Baerbock für ungeeignet.
Beim Klimaschutz würden sich viele Parteien sehr ähneln und die GroKo progressive Klimapolitik betreiben. Die Forderungen der Grünen würden nicht nur weiter gehen, sondern auch mit zweifelhaften Ansätzen verfolgt. Das Augenmaß fehle, das die Bevölkerung habe: „Klimaschutz ja, aber nur für kleines Geld“.
Zu viele Verbote, daraus resultierender „Rückschritt für die Menschen und die Wirtschaft in unserem Land“, Moralpopulismus, getragen von Glauben statt von Fakten und Doppelmoral der grünen Vielflieger und Viel-SUV-Fahrer, gehören zu ihrer vielfach bemerkenswert zurückhaltenden Kritik. Vielleicht hat das etwas mit der Erwartungshaltung des Lesers oder den spaltenden, konfrontativen politischen Debatten unserer Zeit zu tun. Ein Grünen-Bashing ist das Buch nicht.
In „Der Fahrradweg in die Armut“ über die Grüne Planwirtschaft weist Nena Schink treffend darauf hin, dass die sozialistische Planwirtschaft der DDR mit wenigen Gütern begann. Ob wir heute in Deutschland tatsächlich noch in einer Marktwirtschaft leben, ist zunächst eine Frage der Kriterien.
Ist es nicht bemerkenswert, dass sich eine vielseitige Journalistin für Leistung und deren Belohnung, für Freiheit als Verantwortung einsetzt, und Mut fordert, um Angst zu überwinden und Sachverhalte, die uns am Herzen liegen, anzugehen?
Das mit vielen Argumenten und kleineren Hinweisen versehene Plädoyer für Freiheit und gegen grüne Anmaßung ist als XXL-Kommentar gedacht. Die kolumnenhaften Abschnitte und verständlich formulierten Sachverhalte könnten zur Twitter-, Instagramm- und Facebook-Politik unserer Zeit passen. Vielleicht ist die peppig verpackte Botschaft ein modernes Pendant zu den Freiheitspredigern Cobden und Bright? Das wäre der Hit. Manch ein Leser Ü30 wir der Du-Stil irritieren. Andere hätten Theorielast geschultert und Tiefgründiges erwartet.
Indes sollte Nena Schinks Kommentar recht verstanden werden. Über eine Zielgruppe mit Abiturienten und jungen Berufstätigen hinaus geht es nicht um neue Informationen. Vielmehr kann man das Buch als Beispiel sehen. So kann mit Herz und Argumenten, sachlich und konsequent, für viele verständlich ein Standpunkt begründet werden. Mindset, check. Heartset, check. Soulset, check. Bild Mode – go!
Michael von Prollius
Nena Schink: Ich bin nicht grün. Ein Plädoyer für Freiheit, Finanzbuchverlag, München 2021, 192 S., 18,00 Euro.