Gegen Politik – ein Klassiker
Gegen Politik – ein Klassiker

Gegen Politik – ein Klassiker

Gegen Politik – ein Klassiker

Die gängige, alles dominierende Auffassung von Politik ist ein Narrativ, nichts Tatsächliches, Verifiziertes: Politik, demokratische Politik, dient dem Gemeinwohl.

Anthony de Jasay (1925-2019) setzte dem vor 27 Jahren eine andere Sichtweise entgegen, vielleicht eröffnete er eine andere Perspektive: Politik dient der Umverteilung.

In seiner zeitlosen Besprechung – A Liberty Classics Book Review of Against Politics: On Government, Anarchy, and Order, by Anthony de Jasay – weist Pierre Lemieux auf anregende und diskussionswürdige Aspekte der politischen Theorie hin.

  • Anthony de Jasay verwarf Politik ökonomisch und ethisch, insbesondere die staatspolitische Form.
  • Mehrheiten würden bestimmen, was das Gemeinwohl oder das öffentliche Interesse sei und dabei würden einige Gruppen besser und andere schlechter gestellt.
  • Beide Begriffe, Gemeinwohl und öffentliches Interesse, seien inhaltsleer, da individuelle, subjektive Präferenzen sich nicht aggregieren ließen, genauso wenig wie Konsequenzen von Politik.
  • Die überlegenen Alternativen seien der Tausch und pareto-optimales Handeln, also niemanden schlechter und mindestens eine Person besserstellen.
  • Der Gesellschaftsvertrag sei eine sich selbst widersprechende Konstruktion: Es werde ein die Gesellschaft umfassender Vertrag für die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung benötigt, aber den Vertrag könne niemand gegen den Staat durchsetzen.
  • Der Gesellschaftsvertrag begrenze nicht Politik, sondern ermächtige sie erst.
  • Der Gesellschaftsvertrag würde Trittbrettfahrer-Verhalten nicht eliminieren, sondern potenzieren – öffentliche Güter seien vom Staat produzierte oder finanzierte Güter.
  • Der Gesellschaftsvertrag löse nicht das Problem öffentlicher Güter, sondern schaffe sie erst.
  • Eine beschränkte Regierung und individuelle Souveränität ließen sich nicht zugleich aufrechterhalten. Umverteilungskoalitionen würden Ressourcen und Privilegien von ihren Mitmenschen durch den Staat erhalten.
  • Eigentum und Verträge seien im Einklang mit David Hume vorstaatlich.

Insgesamt bleiben für Anthony de Jasay kaum staatliche Aufgaben übrig.

Es lohnt sich in Ruhe das Original zu lesen und in unserer hastigen Zeit sorgfältig nachzudenken.

Wesentlich erscheint mir zu Beginn den Unterschied zwischen politischer Theorie und Praxis anzuerkennen, einen Unterschied zwischen konsequentem Lehnstuhldenken und der vorhandenen Welt zu machen.

Bedeutsam ist zugleich, dass unsere bestehenden Annahmen über das Funktionieren der (politischen) Welt ebenfalls auf Theorien und Modellen beruhen, die uns indes von Befürwortern des Staates, des Gesellschaftsvertrags usw. vermittelt wurden.

Hinzu kommt das menschliche Bedürfnis, sich politisch zu betätigen, denkend, aktiv. Wir sind politische Wesen. Die staatslose Alternative ist im Kleinen die Familie, die Sippe, ggf. die Nachbarschaft. Und hier herrschen eine Vielzahl Freiheit beschränkender Praktiken, die sich auf private Macht und deren Anwendung gründen, also Menschen veranlassen etwas gegen ihren Willen zu tun.

Das Minimum, das man aus der Lektüre dieses de Jasay Klassikers und vieler anderer seiner Schriften mitnehmen kann: Selbst denken, herrschende Begriffe und Denkweisen hinterfragen, Unabhängigkeit und Individualität bewahren.