Kleine Philosophie der Macht
Kleine Philosophie der Macht

Kleine Philosophie der Macht

Es gibt schöne Bücher. Es gibt Bücher, hinter denen ein kluger Kopf steckt, der sie erdacht und geschrieben hat. Die kleine Philosophie der Macht ist ein Buch, das anmutig wirkt, zugleich tiefgründig, zuweilen mit einem Augenzwinkern. Das dritte der dem Text vorangestellten Zitate stammt von Jimmie Hendrix:

„Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht überwindet – erst dann wird es Frieden geben.“

Peter Cornelius Mayer-Tasch ist Professor im Ruhestand und hat etwas zu sagen – über Macht und Ohnmacht. Dazu spannt er den Bogen von der Begriffsgeschichte im Kapitel „Die Macht beim Wort genommen“ über die Anbetung der Macht in „Herr wir preisen Deine Stärke …“ bis zu den Quellen, Wegen und Formen der Macht. Zudem betrachtet er das Verhältnis von Macht und Recht sowie Macht und Ethik. Machtlosigkeit als Utopie bildet den Abschluss und Ausblick, wäre da nicht noch der Annex zur Gartenkunst als Mittel der Machtentfaltung.

Als Leser spürt man nicht nur die Gleichzeitigkeit von weiser Distanz und eindringlicher Verbindung mit dem Thema, sondern erlebt auch die Perspektivenvielfalt eines reichen Wissenschaftslebens. Im Leben des Münchener Hochschullehrers dominieren Rechts- und Politikwissenschaften, eingebettet in Geschichte und Kunstgeschichte, flankiert von internationaler Erfahrung und gleichsam gewürzt mit einem Hang zur Ökologie.

Begriffliche Herkunft

Macht leitet sich begrifflich vom Hausbau ab, vom Kneten des Lehms. Später wurde das Zeitwort „machen“ zu einem Allerweltsbegriff. Macht ist ein Potential, auch beim erstrebten „Rübermachen“ aus der DDR in den Westen. Die Anbetung der Macht ist eng verbunden mit der Hackordnung, die elementarer Bestandteil der menschlichen und tierischen Lebenswelt ist. „Macht macht attraktiv“, aber nur die Mächtigen bedürfen der Anbetung.

Wege zur Macht

Die kriegerische Eroberung ist für Peter Cornelius Mayer-Tasch der Archetypus der Machtgewinnung. Herrschaft lässt sich am einfachsten durch umfänglichen Austausch des Führungspersonals gewährleisten, früher den flächendeckend das Land beherrschenden Adel. Heute ist eine solche dauerhafte Herrschaft bei Flächenstaaten nicht möglich wie das Beispiel der Kolonialisierung und Entkolonialisierung verdeutliche. Stattdessen sei die soziopolitische und sozioökonomische Akkulturation der größte erzielbare Nutzen.

Ein zweiter Weg zur Macht ist der Besitz von Geld und wirtschaftlicher Macht, die Macht über Menschen ermöglicht. In jedem Fall wird der Aufstieg durch Helfer, Mentoren und nicht zuletzt die Familie begünstigt. Auch der Macht der Schönheit widmet Peter Cornelius Mayer-Tasch seine Aufmerksamkeit, sei es in Literatur, Kunst, Architektur oder durch Gelehrte – von Leonardi da Vinci bis Albert Speer. Die soziokulturellen Prozesse sind vielfältig und bieten über die gestreiften Jahrhunderte hinweg viel Gelegenheit zur Reflexion:

„Die Macht der Ohnmacht … ist die Macht, auch gegen den Strom zu schwimmen, vielleicht aber auch, Macht über die eigenen Triebtendenzen zu gewinnen, es also nicht nur ‚den Anderen zu zeigen’, wozu man fähig ist.“

schreibt Peter Cornelius Mayer-Tasch.

Mächtige Beständigkeit

Wenig hat sich im Laufe der Menschheits- und Machtgeschichte geändert: Immer noch schafft die Autorität das Gesetz, nicht die Wahrheit. Politik sei der Bewegungs-, Recht der Hegungsstil des sozialen Lebens. Der Macht bleibt stets das letzte Wort: „Kommt die Macht. Fällt das alte Recht in Acht“, laute ein Sprichwort.

Stoa und Kant und liberales Denken sind im Abschnitt über Macht und Ethik enthalten. Bedenkenswert erscheint:

„Macht und Ethik stehen keinesfalls zwingend in einem Spannungsverhältnis. Überall dort, wo sich Verantwortungsbewusstsein, Gerechtigkeitssinn, Einfühlsamkeit und Fürsorglichkeit bei den … Mächtigen findet, wird das Zusammenwirken von Macht und Ethik zu einem Glücksfall …“

konstatiert Peter Cornelius Mayer-Tasch. Der Wett- und Kreislauf des Machtstrebens bleibe unaufhörlich und ende erst im Tode. Die Macht wohne im Menschen. Ihr Verzicht könne lediglich ein begrenzter taktischer, aber kein finalstrategischer Schritt sein. Insofern könne man das Phänomen weiter bewundern.

Peter Cornelius Mayer-Tasch: Kleine Philosophie der Macht, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2018, 130 S., gebunden, 19,90 Euro.

Anm.: Der Text ist ursprünglich erschienen auf dem erloschenen Blog DieBucht.Rocks.