Wilhelm Röpke: Die Lehre von der Wirtschaft
Wilhelm Röpke: Die Lehre von der Wirtschaft

Wilhelm Röpke: Die Lehre von der Wirtschaft

Wilhelm Röpke: Die Lehre von der Wirtschaft, Erstauflage 1937, 13. Aufl. Haupt Verlag bei UTB, Bern u. a. 1994, 381 S., antiquarisch erhältlich.

Wilhelm Röpke (1899-1966), jüngster Professor für Nationalökonomie in Deutschland, Konjunkturspezialist, Gegner Hitlers, Emigrant und Wahlschweizer, Gründervater der Bundesrepublik Deutschland mit Westbindung, Marktwirtschaft und Föderalismus, einer der herausragenden politischen Ökonomen der Zwischen- und Nachkriegszeit versteht unter der Lehre von der Wirtschaft: „Wirtschaften ist nichts anderes als die fortgesetzte Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten und die Nationalökonomie im Grunde nichts anderes als die Lehre von den Alternativen.“ (S. 30) Röpke schrieb das Buch während seiner Emigration in der Türkei, weil er eine derartige Einführung in die Volkswirtschaftslehre als Student vermisst hatte.

Der zeitlose Klassiker (Erstauflage 1937) vermittelt ein solides Grundverständnis für die Funktionsweise der Wirtschaft und kommt in der mikroökonomischen Perspektive ohne mathematische und fast ohne graphische Darstellungen aus. Allgemein verständlich geschrieben und damit für Einsteiger besonders geeignet, gerät durch den ganzheitlichen Blick nie die Komplexität der Zusammenhänge aus dem Blick. Komplexität und Synthese sind die Themen, die sich durch das Buch ziehen, und mit der spontanen Ordnung und der Koordination der Wirtschaftsaktivitäten als zentrale Aspekte einher gehen.

Nach der Lektüre dieser Einführung begreift man sowohl Gesetze und Grundwahrheiten als auch Problemstellungen der Wirtschaft sowie die Verflechtung von Wirtschaft und Gesellschaft und nicht zuletzt, dass Wirtschaftspolitik der Schaffung einer menschenwürdigen Ordnung dienen muss. Staatlicher Steuerung steht Röpke kritisch gegenüber.

Das Buch bietet sehr gute Einblicke in die Arbeitsteilung und ihre Auswirkungen, informiert zeitlos über den Fluss der Güter und Leistungen auf Märkten im Zusammenspiel mit dem Preissystem. Behandelt werden, ausgehend vom Koordinationsproblem und der Arbeitsteilung, vor allem Geld und Kredit, Güterwelt und Produktionsstrom, Märkte und Preise, Arm und Reich, Störungen sowie die Wirtschaftsverfassung in der Krise (bemerkenswert aktuell). Erläuternde Anmerkungen geben einen Blick hinter die Kulissen der Einführung in die Wissenschaft selbst, Stand 1937 und 1950er Jahre.

Drei Zitate:

„Erst die Papierwährung hat uns gelehrt, was das Wort ‚Inflation’ bedeutet, ja es gibt kaum eine einzige Papierwährung, die nicht früher oder später der Entwertung anheim gefallen ist, weil die verantwortliche Regierung entweder nicht im Stande war oder gar nicht die Absicht hatte, die Geldmenge knapp zu halten.“

Wilhelm Röpke, Lehre von der Wirtschaft, 140.

„… aber die freie Konkurrenz kann nicht ohne ein Fundament von bestimmten sittlichen Normen funktionieren: einer allgemeinen geschäftlichen Anständigkeit und Loyalität, einer fairen Einhaltung der Spielregeln, einer Werkehre und eines bestimmten Standesstolzes, der es für erniedrigend hält, zu betrügen, zu bestechen und die Staatsgewalt für die eigenen egoistischen Zwecke zu missbrauchen.“

Wilhelm Röpke, Lehre von der Wirtschaft, 44.

„Der ‚Konkurrenzkapitalismus’ entwickelt sich aus eigener Kraft ganz und gar nicht zum ‚Monopolkapitalismus’. Es gibt kaum ein nennenswertes Monopol, bei dessen Entstehung nicht der Staat in dieser oder jener Form Geburtshelferdienste geleistet hätte, und aus der Geschichte der schwerindustriellen Monopole in Deutschland ist es bekannt, dass es selbst in diesem Fall meist der schärfsten Zwangsmaßnahmen bedurft hat, um die Produzenten unter einen Hut zu bringen.“

Wilhelm Röpke, Lehre von der Wirtschaft, 213.