Kluge Klimapolitik statt schädlicher Angstmacherei
Kluge Klimapolitik statt schädlicher Angstmacherei

Kluge Klimapolitik statt schädlicher Angstmacherei

Kluge Klimapolitik statt schädlicher Angstmacherei

Bjorn Lomborg: Klima Panik. Warum uns eine falsche Klimapolitik Billionen kostet und den Planeten nicht retten wird, FBV, 2. Aufl. München 2022, 320 S., 22,00 Euro.

Klimapolitik braucht Klimaökonomie, sonst gilt: Sie wissen nicht, was sie tun und anrichten.

Die aktuelle Klimapolitik sei schädlich, teilweise tödlich, teuer und habe keine nennenswerten Auswirkungen auf das Klima.

Die Auswirkungen des Klimawandels seien bis zum Jahr 2100 ökonomisch betrachtet, also unter Berücksichtigung aller Klimaschäden, in sämtlichen realistischen Szenarien marginal. Der Wissenschaftskonsens laute: 2,9% des globalen BIP, mit 25% Puffer nicht absehbarer Schäden maximal 3,6% Kosten – ohne Anpassungsmaßnahmen. Die Agrarkosten würden lediglich 0,26% des globalen BIP betragen. UN-Szenarien zufolge werde die Menschheit im Jahr 2100 pro Kopf zwischen 170% und 600% wohlhabender sein – mit fossilen Brennstoffen sogar 1.040%. Mehr Wohlstand bedeute auch bessere Gesundheit, besseren Schutz gegen Wetter respektive Klima, bessere Bildung.

Das sind nur ein paar Teaser aus dem Anfang 2020 abgeschlossenen Buch von Bjorn Lomborg. Der dänische Politikwissenschaftler bietet dem Leser fünf Teile, die sich nach seiner Überzeugung mit falscher und besserer Klimapolitik befassen. Seine Forderungen lauten: Gerade weil der Klimawandel eine Menschen gemachte gravierende Herausforderung darstellt, brauche es eine Evaluation der Klimapolitik hinsichtlich Kosten und Nutzen, zur Bewältigung vor allem Innovationen und Technologien der Zukunft, ferner Anpassungsmaßnahmen, aber auch Geoengineering als Back up; dabei dürften vieler andere Herausforderungen für die Menschheit nicht ins Hintertreffen geraten.

I: „Klima der Angst“ kritisiert den medialen und aktivistischen Katastrophismus sowie die Selektivität von Studien und Prognosen, insbesondere die bereits den Club of Rome fehlleitende Annahme, die Menschen würden sich nicht anpassen.

II: „Die Wahrheit über den Klimawandel“ dient als Entkräftigung gängiger Klimaalarmismen: Die Zahl der Eisbären wächst kräftig, Hitzetote machen nur 0,5%, Kältetote 7% von 74 Millionen Todesfällen aus, die Erde wird seit 35 Jahren grüner im Ausmaß der doppelten Fläche Australiens, extremes Wetter von Dürren über Überflutungen bis zu Flächenbränden und Wirbelstürmen habe nicht zugenommen, die davon betroffenen Gebiete seien viel stärker besiedelt. Insgesamt habe sich die Zahl der Opfer von Wetterkatastrophen seit 100 Jahren um 96% reduziert bei vervierfachter Weltbevölkerung.

III: „Wie man den Klimawandel nicht bekämpfen sollte“ argumentiert, dass das Verzichtsverhalten eines einzelnen Menschen klimatisch folgenlos bleibe, zumal etwa Fleischverzicht nur 2% des individuellen CO2-Ausstoßes betreffe, 130 Millionen Elektronautos globale Emissionen nur um 0,4% senken würden. Das Pariser Abkommen sei wie alle Abkommen zuvor gescheitert. Billionen Kosten würden eine Verringerung des Temperaturanstiegs um 0,029 Grad bewirken. Die Grüne Revolution bleibe mangels wirksamer Technologien aus, der CO2-Ausstoß steige weiter, die Armen bräuchten preiswerte Energie, um zu etwas Wohlstand zu kommen: „Die Klimapolitik hilft den Armen der Welt kein bisschen, mehr noch, sie schadet ihnen.“ (S. 158)

IV: „Wie man den Klimawandel bekämpft“ enthält vier Vorschläge und eine Leitlinie. So empfiehlt Lomborg eine kontinuierlich steigende CO2-Steuer, Innovationen insbesondere durch staatliche Investitionen in Forschung, Anpassungsmaßnahmen wie Deiche, Überschwemmungsgebiete, Frühwarnsysteme, Bauordnungen und z.B. helle Dächer und Straßen in heißen Regionen. Geoengineering sei als Back-up nützlich. Die Leitlinie lautet: Wachstum und damit zunehmender Wohlstand sei der beste Schutz gegen Wetter-Einflüsse, individuell und global.

In V werden verschiedene Politikmaßnahmen nach ihrem Kosten-Nutzen-Beitrag angeführt, an erster Stelle Freihandel, gefolgt von Zugang zu Verhütungsmitteln, bei Gesundheit vor allem Malaria- und TBC-Bekämpfung, dann Ernährung und erst zum Schluss Klima und Energie.

Als bedeutsam dürfte der Leser wahrnehmen: „Die Wahrheit lautet schlicht, dass das Klima nur einen geringfügigen Einfluss auf unser zukünftiges Wohlergehen hat.“ (S. 161) Außerdem die Einschätzung, dass das von Aktivisten und Wahlkämpfern empfohlene geringere Wachstum unseren Kindern und Enkelkindern sowie den Armen der Welt „eine Zukunft mit weniger Chancen, Möglichkeiten und Wohlstand“ beschert und zwar 400 Billionen Euro pro Jahr.

Bewertende Bemerkungen

Bjorn Lomborg schreibt anschaulich und argumentiert vielfach überzeugend. Das Buch gehört in den Bereich Publizistik mit Bezug zur Wissenschaft, setzt einen wichtigen Kontrapunkt zum gängigen Alarmismus, ist aber kein wissenschaftliches Buch. Zu früheren Publikationen gab es diesbezüglich erhebliche Kritik. Die Argumentation erfolgt auf einer Makro-Ebene und nutzt erklärtermaßen den Stand der gängigen UN- und IPCC-Zahlen und -Erkenntnisse sowie führende Modelle. Ob das der Fall ist, können, wie bei allen anderen Publikationen auch, vor allem Fachleute mit Kenntnis des jeweiligen Forschungsstands beurteilen. Hilfreich ist die konsequente Kosten-Nutzen-Perspektive. Dadurch wird die mediale Debatte erheblich erweitert. Klimaökonomie ist m.E. ein Muss.

Vorsicht ist wie immer bei Wahrheiten angebracht und bei Fortschreibungen, besonders bis zum Jahr 2100, die indes für jedermann gilt. Modelle stecken voller Annahmen. Klar ist, dass Politik für Transformationen eine problematische Adresse ist, weil

  • Wahlzyklen den Horizont beeinflussen und massive Anreize setzen – kein Akteur lebt mehr am Ende des Jahrhunderts und keiner muss die ökonomischen Konsequenzen seiner Entscheidungen tragen,
  • selektive Lösungen präferiert und lobbyiert werden, die Korruptionspotenzial im weiteren Sinne bei derartigen Summen in Politik, Wirtschaft und NGOs erheblich ist,
  • Versprechungen, Verschwendung und Ineffizienz größer sind als auf Märkten und in Unternehmen, ferner
  • Ideologie sowie Agenda-Setting eine erhebliche Rolle spielen etc. pp.

In der Annahme, man müsse nur das Richtige tun, steckt mir zu viel Anmaßung und Rational Choice.

Ich halte die Anpassungsfähigkeit auf der Grundlage freier Märkte und Freihandel in Verbindung mit Innovationen für den Schlüssel zum Umgang mit Klimaänderungen. Wohlstand für alle, global, ist auch die Antwort auf Migration. Das erfordert gewaltige politische Anstrengungen, angesichts dominierender Weltanschauungen wahrscheinlich noch mehr Engagement als die Klimapolitik entfesselt hat – allerdings statt Staatswirtschaft eine befreite Marktwirtschaft.