Ökonomische Sanktionen scheitern überwiegend
Ökonomische Sanktionen scheitern überwiegend

Ökonomische Sanktionen scheitern überwiegend

Ökonomische Sanktionen scheitern überwiegend

Sanktionen sind ein verbreitetes politisches Mittel. Geradezu in Mode gekommen sind sogenannte „Smart sanctions“ („Gezielte Sanktionen“). Dazu gehören je nach Definition vor allem Finanzsanktionen, Handelsrestriktionen, Reiseeinschränkungen, Flugbeschränkungen sowie kulturelle und sportliche Restriktionen. Das Konzept der „Smart Sanctions“ entstand im Jahr 2000 infolge der wesentlich sanktionsbedingten humanitären Katastrophe im Irak.

Nicht nur im Zuge eskalierender Konflikte werden ökonomische Sanktionen benutzt, um politische Ziele zu erreichen. Ökonomische Sanktionen gelten vielfach als humanes und nur geringe Kosten verursachendes Mittel, zumal als Alternative zu anderen Gewaltmitteln, darunter insbesondere der Einsatz militärischer Gewalt.

Tatsächlich erreichen ökonomische Sanktionen regelmäßig, sogar weit überwiegend nicht die gesteckten Ziele. Die umfassendste empirische Untersuchung stammt von Gary Clyde Hufbauer et al. und trägt den Titel „Economic Sanctions reconsidererd“. Die Monographie stellt seit 1982 das führende Standardwerk dar und liegt 2007 in 3. aktualisierter und erweiterter Auflage vor. Untersucht wurden über 200 Sanktionsregime des 20. Jahrhunderts. Das Ergebnis: Zumindest teilweise erfolgreich waren allenfalls 34% der untersuchten Fälle.

Der in Chicago lehrende Politikwissenschaftler Robert A. Pape hatte zuvor bereits die erfolgreichen Sanktionsregime einer kritischen Prüfung unterzogen. In seiner Untersuchung „Why Economic Sanctions Do Not Work“ kam er zu dem Schluss, dass von den im Jahr 1990 ausgewiesenen 40 erfolgreichen Sanktionsfällen (von 115) lediglich fünf einer sorgfältigen Überprüfung standhalten. Sein in der Untersuchung „Why Economic Sanctions Still Do Not Work“ erneuertes Fazit lautet: “… there is little empirical support that economic sanctions can achieve ambitious foreign policy goals”.

Das regelmäßige Scheitern beruht auf offensichtlichen Gründen:

  • Die Kosten von Sanktionen sind für die betroffenen Staatsführungen deutlich geringer als ein politisches Nachgeben.
  • Die am Sanktionsregime beteiligten Länder verfolgen keine einheitlichen, sondern widersprechende Interessen hinsichtlich der sanktionierten Länder.
  • Sanktionen werden aus nicht öffentlich geäußerten innenpolitischen Gründen verhängt, und dienen dann lediglich als Signal der Ablehnung und Bestrafung.

Effektive Sanktionen stellen eine enorme Herausforderung dar. Wirksame Sanktionen müssen einem präzisen Kosten-Nutzen-Vergleich standhalten. Eine Verhaltensänderung der betroffenen Staatsführung ist nur dann wahrscheinlich, wenn die Sanktionskosten schmerzhafter sind als eine Aufgabe der bisher praktizierten Politik. Indes bleiben Erwartungen an die Wirksamkeit von Sanktionen regelmäßig aufgebläht und realitätsfremd.

Besonders wirksam haben sich Sanktionen gegen enge Handelspartner und einstige Verbündete erwiesen. Zudem sind Demokratien für wirtschaftlichen Druck anfälliger als Autokratien. Bemerkenswerterweise gibt es lediglich schwache empirische Hinweise auf eine stärkere Wirkung von Sanktionen bei ökonomisch schwachen und politisch instabilen Ländern.

Die zentrale Politikempfehlung von Hufbauer et al. lautet, Sanktionen möglichst multilateral, unvermittelt und mit maximaler Wirkung zu verhängen („Slam the Hammer, Don’t Turn the Screw“). Eine Kombination von Finanz-, Export- und Import-Sanktionen war in 40% der diesbezüglichen Versuche erfolgreich, zugleich besaßen Finanzsanktionen allein ebenfalls eine vergleichsweise starke Wirkung.

Allerdings kann die öffentliche Zustimmung zu Sanktionen schnell erodieren. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Sanktionen der Bevölkerung häufig erhebliche Kosten auferlegen, anders als beabsichtigt, ohne dass diese das Regierungsverhalten beeinflussen kann. So sind den Irak-Sanktionen nach 1990 Hunderttausende Kinder zum Opfer gefallen (Dabei verbanden sich drei unheilsame Faktoren: Kriegsfolgen, Sanktionsregime und Instrumentalisierung des Regimes durch SADAM, der Opfer für politische Zwecke suchte).

Was bleibt? Weder Gewalt noch Sanktionen sind häufig ein probates Mittel. Dieses Fazit von Robert A. Pape steht im Einklang mit einer wachsenden Zahl fundierter wissenschaftlicher Untersuchungen. Abschreckung, Diplomatie, (unilateraler) Freihandel und die Akzeptanz, dass sich der eigene Wille nicht immer durchsetzen lässt, stellen vielfach praktikable Alternativen dar.

 

Literaturangaben:

Gary Clyde Hufbauer, Jeffrey J. Schott, Kimberley Ann Elliot, Barbara Oegg: Economic Sanctions Reconsidered, Patterson Institute for International Economics, 3. Aufl. Washington 2007. (Link FFG Besprechung)

Robert A. Pape: Why Economic Sanctions Still Do Not Work, in: International Security 23 (1998), 66-77.

Quelle: ursprünglich erschienen auf Forum Ordnungspolitik, 2012