Selbsthilfe ist die beste Entwickungshilfe
Helfen ist ein menschlicher Impuls, eine Grundhaltung, die wir früh erfahren und selbst praktizieren. Hilfe gilt als altruistisch, also uneigennützig, selbstlos und lässt sich der Nächstenliebe zuordnen. Hilfe wird in dieser Perspektive als moralisch gut angesehen.
Problematisch wird es, sobald Altruismus gegen Egoismus ausgespielt wird, der nach landläufigem Empfinden als negativ angesehen wird. Indes kann Altruismus sehr selbst bezogen sein – als Wohlfühlgewinn der moralisch guten Tat. Dann entstehen dem Helfer gerade nicht mehr Kosten als Nutzen und Altruismus entpuppt sich als Egoismus. Schlimmer geht’s immer: Der Empfänger der Hilfe kann sogar Schaden nehmen.
Schon vor diesem Hintergrund ist es zweifelhaft Altruismus gegen Ökonomie sowie Entwicklungshilfe von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen gegen Unternehmertum, das nach Gewinnen strebt, auszuspielen. Das gilt umso mehr, weil für eine effektive und für eine effiziente Verwendung von Ressourcen genauso wie für die Befriedigung von Bedürfnissen sowohl Preise als auch Gewinne und Verluste ein überlegenes Koordinationsmittel darstellen.
Handel als Entwicklungshilfe
„Trade not Aid“ lautet dementsprechend die Antwort auf Afrikas Entwicklungsprobleme. Sehenswert ist Poverty.Inc, ein Film, der die problematische Seite des Helfens und der Hilfsindustrie aufzeigt. Dazu gehört die Abhängigkeit von Transfers, eine mangelnde Entwicklung von Industrie und Dienstleistungen. Menschen werden Experten für NGO-Bürokratie statt Unternehmertum. Die Forderung sollte daher nicht überraschen: Stoppt die Entwicklung hemmende Hilfe!
Ganz in diesem Sinne ist (bzw. war) die ugandische Webseite Good African ausgerichtet: „We passionately believe that Trade is the only viable strategy for Africa’s economic and social development.“
Peter T. Bauer (1915-2022) gilt als Pionier unter den Entwicklungsökonomen, der organisierte ausländische Entwicklungshilfe und Protektionismus kritisierte (Würdigung anlässlich seines Todes). Bauer hielt die Erweiterung der Wahlmöglichkeiten des einzelnen Menschen für ein entscheidendes Kriterium von Entwicklung: „I regard the extension of the range of choice, that is, an increase in the range of effective alternatives open to people, as the principal objective and criterion of economic development” und er fuhr fort: “The acceptance of this objective means that I attach significance, meaning, and value to individual acts of choice and valuation …”.
Menschen können sich fast immer besser selbst helfen als der Staat mit seinen Bürokraten, gerade auch ein anderer, weiter entwickelter Staat, sowie fremde Menschen und Organisationen. Landesspezifische Bedingungen (Kultur) und mangelndes Wissen von Entwicklungsexperten (Ökonomie) spielen dabei genauso eine Rolle wie die Stärkung zentralistischer Strukturen (Politik) und der schöne Schein des Helfens (Propaganda).
In „The Beautiful Tree“ macht James Tooley deutlich, dass die Ärmsten der Armen selbst als Analphabeten besser für eine private Schulbildung ihrer Kinder sorgen – und diese auch noch selbst bezahlen (!) – als es die staatliche Bürokratie mit ihrem überwiegend miesen, vermeintlich kostenlosen Angebot tut. Tooley zog mit seinen Untersuchungen in den Slums des indischen Subkontinents und Ostafrika den Unmut der Entwicklungshelfer auf sich.
Auf grundsätzliche Weise brachte es Henry Hazlitt in „The Conquest oof Poverty“ auf den Punkt: „Von-Staat-zu-Staat-Entwicklungshilfe befördert Etatismus, Dirigismus, Sozialismus, Abhängigkeit, Pauperisierung, Ineffizienz und Verschwendung. Sie verlängert die Armut, für deren Heilung sie geplant war. Freiwillige private Investitionen in Privatunternehmertum befördern demgegenüber Kapitalismus, Produktion, Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Durch das Anziehen privater Investitionen wurde den großen Industrienationen der Welt einst geholfen.“
„Lasst uns machen!“ lautet also die zeitlose, globale Lösung.
Mythos gutmeinende Entwicklungshilfe
Hartnäckig hält sich jedoch der Mythos, Entwicklungshilfe sei notwendig, per se hilfreich und ein Weg, um etwa die Entwicklung Afrikas positiv zu unterstützen. In den letzten 50 Jahren sind 1 Billionen US-Dollar Entwicklungshilfe des Westens nach Afrika geflossen. Politiker, NGOs, Kirchen, Rock Stars, Schauspieler, Gutmenschen werben für diese monetäre Unterstützung.
Dambisa Moyo, geboren in Sambia, promoviert in Oxford und mit praktischer Erfahrung durch ihre Arbeit bei der Weltbank ausgestattet, ist der gut begründeten Auffassung, dass Entwicklungshilfe Afrika ruiniert. Der scheinbar endlose Teufelskreis aus Korruption, Krankheiten, Armut und Abhängigkeit von Hilfe resultiere aus der westlichen Hilfe. Die Armen werden ärmer, unternehmerische Initiative versiege, autoritäre Regime profitieren.
„Dead Aid ist the story of the failure of post-war development policy“ und „about the aid-free solution to development.“ konstatierte Dambisa Moyo vor über 10 Jahren in ihrem Buch „Dead Aid”. In einem kürzeren Teil des gut geschriebenen Buches analysiert sie die Systematik und das Versagen der Hilfe. Der umfassendere zweite Teil entwickelt die Alternative: eine afrikanische Welt ohne Hilfe, inspiriert durch Asiens Kapitalversorgung auf internationalen Finanzmärkten und mit dem Aufruf, China zu weiteren großen Direktinvestitionen in die Infrastruktur zu ermutigen. Weitere Pfeiler einer echten Hilfe für Afrika sind der Kampf für umfassenden Freihandel, insbesondere für Agrarprodukte, und schließlich die Verbreitung von Mikrofinanz-Institutionen.
Empirisch gestützt wird diese Erkenntnis u.a. durch diese Studie, die 151 Länder über 20 Jahre untersucht. Kapital ist ein Schlüssel zur Entwicklung – Kapitalismus ist das gegenseitige Selbsthilfesystem mit Wohlstandsgarantie. Das lässt sich auch am Niedergang wirtschaftlicher Freiheit ablesen, etwa in Südafrika, wo die arme Bevölkerung sukzessive ärmer und die wohlhabende reicher wurde (Link).
Kontra-intuitiv
Schlechtes tun in guter Absicht – das ist eine kontra-intuitive Quintessenz von Entwicklungshilfe für arme Länder und Menschen in Armut. In den 1980er Jahren lernten viele Kinder wie ich in der Schule, eine Angel sei besser als ein Fisch. Anschließend boomte die Entwicklungshilfe und Milliarden wurden von den Wohlhabenden zu den Armen transferiert. Das Bild ist immer wieder das gleiche, auch in Afghanistan beim Nation- und Statebuilding mit Entwicklungsauftrag: Interventionen verfangen sich in fremden Kulturen. Christopher Coyne hat dafür die Formel geprägt: „Doing bad by doing good“. Der Untertitel des gleichnamigen Buches (Stanford University Press) lautet: „Why Humanitarian Action fails“. Überambitionierte Ziele, politisch perverse Anreize, eklatanter Wissensmangel, bremsender Bürokratismus sind systemimmanente Defizite.
Das heißt nicht, Entwicklungshilfe ist immer und überall das Problem und nicht die Lösung, aber regelmäßig und überwiegend. „Killing People with Kindness“ ist eine weniger internalisierte Erkenntnis als der Glaube an die heilsamen Kräfte der altruistischen Nächstenhilfe.
Auch in Deutschland und Europa war die Transformation zur Moderne eine Transformation zum Kapitalismus (Wohlstand für die Massen – FFG). Die wirtschaftsgeschichtliche Forschung bestätig liberale Paradigmen: Kapitalismus ist Massenwohlstand, Unternehmer sind Innovatoren, Wirtschaftsentwicklung entsteht regional, Freiheit und Wohlfahrt gehören zusammen, der Staat trug zur kapitalistischen Transformation bei.
Wirtschaftliche Freiheit
Christian Hoffmann und Olivier Kessler vom Liberalen Institut (Schweiz) haben die Entwicklungshilfe des Schweizer Bundes kritisch betrachtet: „Ernüchterne Bilanz der Entwicklungshilfe“. Über 25 Milliarden Schweizer Franken wurden binnen 15 Jahren aufgewendet. Die strukturellen Änderungen in den Empfängerländer blieben ungenügend, wenn es überhaupt Verbesserungen gab und nicht sogar Verschlechterungen. Bei den drei am meisten geförderten Ländern – Kosovo, Mosambik, Tansania – waren keine Verbesserungen im Fraser-Index für wirtschaftliche Freiheit feststellbar.
Die Probleme der Entwicklungshilfe sind hinreichend bekannt. Entwicklungshilfe fördert Korruption, kommt den Herrschenden zugute, hemmt die Entwicklung von Unternehmertum und macht abhängig.
Die Alternativen sind Freihandel, Direktinvestitionen, Anleihen auf Kapitalmärkten und vor allem wirtschaftliche Freiheit, die die Staaten mit Entwicklungspotenzial nur selbst durch verbesserte Institutionen schaffen können.
Überwindung der Armut durch wirtschaftliche Freiheit
„Clearly, as Adam Smith recognized more than 230 years ago, economic freedom and the economic prosperity it brings work to the advantage of the poor.“ urteilt Robert A. Lawson. Jahr für Jahr bestätigt das der Economic Freedom of the World Report (hier 2021).
- Das durchschnittliche Einkommen der ärmsten 10% der Bevölkerung ist in wirtschaftlich freieren Nationen mehr als doppelt so hoch pro Kopf als in unfreien.
- Die Länder im wirtschaftlich freiesten Quartil wiesen ein pro Kopf Einkommen von über 44.000 US-Dollar auf gegenüber weniger als 5.800 US-Dollar im wirtschaftlich unfreiesten Quartil. Die ärmsten 10 % in den freiesten Ländern verfügten dabei über knapp 12.300 US-Dollar, die in den am wenigsten freien nur knapp 1.600 US-Dollar. In extremer Armut lebten entsprechend 1,8% der Bevölkerung und 27,2% in unfreien Ländern.
- Die Aufwärtsmobilität ist in wirtschaftlich freien Ländern dramatisch höher als in der Armutsfalle der unfreien Länder.
Literaturtip:
Dambisa Moyo, Dead Aid. Why aid is not working and how there is another way for Africa, Penguin Books, London 2009, 188 S., 10,20 Euro (deutsche Erstauflage unter dem Titel: Dead Aid: Warum Entwicklungshilfe nicht funktioniert und was Afrika besser machen kann, Verlag Haffmans & Tolkemitt 2011, 14,95 Euro), Kindle Edition 11,99 Euro.