Buchbesprechungen
Buchbesprechungen

Anarchist, Freidenker, Grenzgänger

Reinhold Messner ist ein außergewöhnlicher Mensch. Das gilt für seine Taten, sein Schaffen und sein Denken. Der Südtiroler Bergsteiger und Bergbauer ist in der ursprünglichen Natur in und um das Vilnöß-Tal aufgewachsen. Sein Freiheits- und Entdeckungsdrang hat ihn viele Grenzen der Welt überschreiten lassen – in der Höhe, in der Weite und in der Gedankenwelt. Seine Leistungen sind und bleiben einzigartig. Als Beispiel mag war das Bewältigen der vierzehn Achttausender ohne Sauerstoff dienen, mehrfach im …

„Wie wirklich ist die Wirklichkeit?“

Diese Frage stellt Paul Watzlawick in seinem gleichnamigen Buch bereits Mitte der 1970er Jahre. Der Psychotherapeut und Philosoph befasst sich mit Wahn, Täuschung und Verstehen. Die drei Teile des Buches sind mit Konfusion, Desinformation – passend zum Zeitalter des Kalten Krieges – und Kommunikation überschrieben. Die Quintessenz des Buches ist im ersten Satz enthalten: „Dieses Buch handelt davon, daß die sogenannte Wirklichkeit das Ergebnis von Kommunikation ist.“Auf beeindruckende und schräge Art und Weise zeigen Beispiele …

Tief schürfende Philosophie leicht erzählt

Geschichten und Philosophie – verbunden, um das Beste aus dem Leben zu machen. Das gilt weniger in praktischer Hinsicht als für tiefe Lektüreeinsichten. Der Autor Michael Köhlmeier erzählt gekonnt und auf das Wesentliche komprimiert 12 antike Sagen, moderne Märchen und Geschichten, die jeweils anschließend vom Philosophen Konrad Paul Liessmann facettenreich und tiefschürfend eingeordnet, erläutert und gedeutet werden. Der aufmerksame Leser findet Antworten auf Grundfragen unseres Lebens, darunter auch seine ganz persönlichen.Die kongenialen Texte sind unter …

Der eigentümlich freie Krisen-Seismograph

Der letzte Ritter des Liberalismus, Ludwig von Mises, empfand sich als Chronist des Untergangs. Felix Somary war der Krisen-Seismograph. „Alle Voraussagen, die ich ihn machen hörte, sind eingetroffen …“ urteilte der Schweizer Diplomat und Historiker Carl Jacob Burckhardt. Etwas Unheimliches umgab Somary, der selbst nicht genau erklären konnte, wie er die Krisen voraussah, weil er sie in den Knochen fühlte. „Innere Neigung und das Lebensgeschick haben mich zum politischen Meteorologen bestimmt.“ Fähigkeit zur Krisenprognose Einblicke …

Sackgasse Sozialstaat

Pierre Bessard und Christian Hoffmann (Hg.): Sackgasse Sozialstaat: Alternativen zu einem Irrweg, 3. überarb. Auflage, Zürich 201, 227 S., 19,80 Euro. Der Sozialstaat gerät zunehmend in eine Schieflage. Er zeichnet sich durch unaufhörliches Ausgabenwachstum, abnehmende Zielgenauigkeit und die Auszehrung seiner finanziellen und ethischen Grundlagen aus. Die individuelle Vorsorge wird verdrängt, die Eigenverantwortung unterhöhlt. Dadurch steigen die Risiken, die Kosten und die Schulden des Staates, während die Freiheiten des Einzelnen immer mehr eingeschränkt werden. Diese Entwicklung …

Essays zur Lage der VWL

Journalistische Perspektiven auf den Status quo der Volkswirtschaftslehre und ihre evolutorische Veränderung bietet der FAZ Autor Philip Plickert, wissenschaftlich bekannt geworden durch seine lesenswerte Dissertation über die Mont Pelerin Society. Die sieben Kapitel des Essay-Bandes behandeln die problematische Haltung der Hauptstromökonomen in der Finanzkrise und neuere Entwicklungen in der Wirtschaftswissenschaft, den Wert der Wirtschaftsgeschichte illustriert anhand einiger Studien, ferner die monetäre Ursache der Finanzkrise und die Eurokrise. Anschließend werden Aspekte zur Natur des Menschen und …

Luther aus ökumenischer Perspektive

In seinem Luther-Essay plädiert Walter Kardinal Kasper dafür, die Ökumene, die Einheit der Christen, voranzubringen. Die Beschäftigung mit Luther kann offenbar einen Beitrag liefern. Warum ausgerechnet Luther, der kein Ökumeniker war? Luthers Beitrag, dessen ursprünglicher, mystischer Glaube es ihm ermöglichte, „alles aus seiner religiösen Tiefe“ zu erfassen, besteht für den ehemaligen Vorsitzenden des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen in dessen Ansatz „beim Evangelium von der Gnade und Barmherzigkeit Gottes und dem ruf …

Fakten statt Gender-Hokuspokus

In der westlichen Welt ist es üblich geworden, Frauen zu fördern und zu bevorzugen. Grundlage ist folgendes Narrativ: Angeblich hätte die kontinuierliche Unterdrückung der Frauen durch Männer dazu geführt, dass viel weniger und viel zu wenige Frauen in Führungspositionen säßen und Frauen weniger verdienen würden als Männer. Dieser gemeinen, ungerechten Männerwelt müsse daher mit Quoten, Vorschriften, BeauftragtInnen und einer systematischen Frauenbevorzugung zu Leibe gerückt werden. Was sagt die Wissenschaft? Was sagen die empirischen Fakten? Erste …

Antikapitalistische Faktenwüste

Antikapitalistische Faktenwüste Das viel gepriesene Buch “King Cotton. Eine Geschichte des globalen Kapitalismus”, das von einem namhaften Historiker zum „Meisterstück der neuen Globalgeschichte“ erhoben wurde, ist aus meiner Perspektive eine antikapitalistische Faktenwüste. Das ist schade. Zumal die vermeintliche Geschichte des globalen Kapitalismus tatsächlich eine Geschichte von Big Business und Big Government ist, eine Geschichte des Interventionismus, Protektionismus und der Privilegierung. Merkantilismus ist kein Kriegskapitalismus. Derartige fatale Fehldeutungen bilden aber das intellektuelle Gerüst des Wälzers. Zugleich …

Ewige Jugend – Ende einer Kulturepoche?

Ewige Jugend – Ende einer Kulturepoche? Früher bemühten sich die Menschen älter und seriöser zu wirken. Heute erstellen Millionen Menschen Produkte und bewerben Lebensstile, damit Kunden Milliarden ausgeben, um ihr ganzes Leben jünger zu wirken. Dem Phänomen ewiger Jugend geht der in Stanford lehrende Literaturprofessor Robert Pogue Harrison in einem anspruchsvollen und anregenden Buch nach. Sein interdisziplinärer Ansatz verbindet Philosophie und Literatur zu einer historischen Theorie der Neotonie. Neotonie meint das zeitliche Dehnen der Jugend, …

Demokratie-Krise und ihre Überwindung

Die Demokratie steckt in der Krise. Dieser Befund ist nicht neu, rückt aber nach dem (medialen) Abklingen von Finanz- und Weltwirtschaftskrise, von Euro- und EU-Krise einschließlich Brexit allmählich in den Vordergrund der politischen Debatten. Seit Jahren ist das Ansehen von Politiker und Parteien dramatisch schlecht, laufen den etablierten Parteien in Deutschland die Mitglieder in Heerscharen davon. Demokratie Ralf Dahrendorf hat bereits vor über 10 Jahren in einem gleichermaßen anregenden wie klugen Gespräch mit Antonio Polito …

Krisenzeit der Ökonomen

Die reichen Erträge der 33. Tagung des Ausschusses für die Geschichte der Wirtschaftswissenschaften des Vereins für Socialpolitik aus dem Jahr 2012 liegen vor. Eingeleitet mit einem Beitrag von Bertram Schefold „Goethe und die anschauliche Theorie“ über dessen wirtschaftspraktische Leistungen und wirtschaftstheoretische Kenntnisse – Goethe kann als Bindeglied zwischen kameralistischer Tradition und Historismus gelten – befassen sich sechs dogmengeschichtlich bemerkenswerte Beiträge mit Ökonomen um die Zeit des Ersten Weltkriegs. Die Krise der Nationalökonomie in der Weimarer …

Genuss – Askese – Moral

(mvp) Die unterschiedlichen Auffassungen darüber, was ein gutes Leben ausmacht, gibt es vermutlich fast so lange, wie Menschen auf der Erde leben, zumindest aber seit dem Beginn der Zivilisation im Alten Orient. Das Problem ist weniger der Streit als vielmehr die heute grassierende Einmischung des Staates, der für die Verfechter bestimmter Lebensweisen Partei ergreift. Diese Paternalisierung des Lebens haben die beiden Heidelberger Wissenschaftler und Gründer des John Stuart Mill Instituts im Rahmen eines Forschungsprojekts untersucht …

Spektakel statt Substanz dominiert die Gesellschaft

Der peruanische Literaturnobelpreisträger hat etwas zu sagen und mischt sich politisch ein. Ein permanentes Spektakel habe die Kultur ersetzt, wenn nicht zersetzt. Im spanischen Original heißt der Titel passend: „La civilizaçión del espectáculo“ und das einführende Kapitel ist mit „Metamorphose eines Wortes“ betitelt. Dort formuliert der adjektivlose Liberale sein Anliegen in einem Schlüsselsatz: „Der wesentliche Unterschied zwischen der vergangenen Kultur und dem heutigen ‚Entertainment’ ist, dass früher ein Werk beanspruchte, die Gegenwart zu transzendieren und …