Protektionismus ist in und ein folgenreicher Fehler. Im letzten Jahrzehnt, nicht erst während der Präsidentschaft von Donald Trump, ist das bellizistische Vokabular wieder in die öffentliche Diskussion gesickert. Von Währungs- und Wirtschaftskriegen war die Rede. Wirtschaftssanktionen gelten allen empirischen Nachweisen zum Trotz immer noch als probates Mittel der Politik. In der Corona-Pandemie haben die politischen Entscheidungen weltweite Lieferkettenunterbrochen, deren Folgen noch Jahre zu spüren sein werden. Gepaart mit kollektivistischem Getöse über das Großmachen von Nationen und das Bestrafen von Ländern, die ihren eigenen Weg gehen, sowie der nicht zuletzt konstruierten großen Konfrontation zwischen den USA und China ist das ein Rückschritt.
Freie Hand, besseres Leben aus eigener Kraft
Der freie Handel ist ein Wohlstandstreiber, der die Ärmsten der Armen wohlhabender macht – aus eigener Kraft. Handel gibt es, seitdem es Menschen gibt. Die Phasen, in den Handel unterbrochen, eingeschränkt und durch Protektionismus unter Druck geriet, z.B. in weiten Teilen des Mittelalters, im Zeitalter des Merkantilismus bis zum 18. Jahrhundert und in den Napoleonischen Kriegen mit der Kontinentalsperre sowie den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts, ging es den ganz normalen Menschen schlecht. Seit der massiven Ausweitung des internationalen Handels in den 1990er Jahren sind rund eine Milliarde Menschen der 2 Dollar pro Tag Armut entkommen. Es könnten mehr sein, wenn der Protektionismus inländischer Branchen nicht die Menschen in Entwicklungsländern in ihrem Streben nach einer Verbesserung ihres Lebens hemmen würde und gleichzeitig eine Entwicklungshilfeindustrie manches Gute und vieles Schlechte bewirken würde.
Vielfalt und Frieden
Handel beruht auf Vertrauen. Handel macht die Menschen wohlhabender. Handel bringt Kulturen näher und bereichert uns mit den Eigenheiten anderer Menschen, sei es Essen oder Filme, Denkweisen und die vielfältige Art und Weise Probleme zu lösen. Handel kennt keine politischen Grenzen. Und politische Grenzen machen Handel nicht besser, geschweige denn die gehandelten Produkte und Dienstleistungen. Freier Handel fördert Frieden und beruht auf Frieden.
Schutz ist Fake
Von Beginn an geht die Abschottung mit einem Schutz-Argument einher. Schon das Wort Protektionismus ist ein Euphemismus. Wer schützt wen wovor? Wer, das sind die Gesetze und Vorschriften erlassenden Politiker und Bürokraten. Der Schutz, das ist das Verbot von Produkten und Dienstleistungen, deren Verteuerung und Mengenreduktion. Wen, das sind die nationalen Hersteller und Produzenten, von je her beginnend mit der Landwirtschaft, die ihre Sonderinteressen politisch schlagkräftig organisieren können. Gerne werde auch neue, junge Unternehmen und Branchen mit Barrieren abgeschottet. Die „infant industries“ werden indes nie erwachsen, wie Milton Friedman bemerkte.
Schaden wird nicht allein den ausländischen Anbietern zugefügt. Die Geschädigten sind allen voran die heimischen Menschen. Die inländischen Verbraucher und Nutzer der ausländischen Produkte müssen auf diese verzichten, müssen die höheren Kosten tragen, ihnen werden bessere Arbeitsplätze verwehrt. Protektionismus ist ein Negativ-Summen-Spiel. Die Verluste im Inland sind größer als der beabsichtigte Nutzen.
In einer zunehmend globalisierten Welt ist Abschottung ebenso abwegig wie es bereits die lange Unterbrechung der Globalisierung durch die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts war – der Erste Weltkrieg. Erst in den 1970er Jahren wurde das Vorkriegsniveau wieder erreicht.
Ausnahmen möglich
Keine Regel ohne Ausnahme. Es kann sicherheitliche Interessen geben, die eine Übernahme von Unternehmen aus einem als feindlich eingeschätzten Staat problematisch machen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine Frage des Handels, sondern um die Übertragung von Eigentum. In diesem Zusammenhang lässt sich auch das Thema der Marktbeherrschung und damit der Beschränkung des Wettbewerbs anführen. Stets gilt es dabei zu bedenken, dass die größten Wettbewerbsverzerrungen auf den Staat zurückzuführen sind. Regierungen sind schlecht darin, wirtschaftliche Gewinner und Innovatoren zu identifizieren, Verlierer sind indes gut darin, Regierungen für sich zu gewinnen.
Einordnung der Protektionismus-Parolen
Vor diesem Hintergrund lassen sich die Parolen leichter einordnen, die da lauten, die heimische Wirtschaft müsse vor Billigimporten geschützt werden, vor Lohndumping, vor minderer Qualität, weshalb Zölle und nicht-tarifäre Handelsschranken notwendig seien. Das gilt auch für die Kritik an Arbeitsstandards in sich allmählich entwickelnden Ländern oder die nicht ausgeglichene Zahlungsbilanz mit einem Land. Kein Mensch hat eine ausgeglichene Zahlungsbilanz mit seinen Tauschpartnern, vom Supermarkt über den Friseur bis zur Bank.
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- Zölle wirken wie eine Steuer und senken die Quantität von Importen und Exporten künstlich ab. Wir sind heute zu einem wesentlichen Teil wohlhabender als noch vor 75 Jahren, weil die Zollbarrieren nach dem Zweiten Weltkrieg kontinuierlich geschliffen wurden (GATT, WTO).
- Nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie Kontingente und Importquoten, Vorschriften zum Umwelt- und Sozialschutz sowie zur Produktsicherheit, ferner Bürokratie durch aufwendige Dokumentationspflichten etwa der Produktherkunft, schließlich Verpackungsvorschriften hemmen die Arbeitsteilung unter dem Vorwand des Konsumentenschutzes – zugunsten der privilegierten Produzenten.
Freihandel und Frieden
Der Zusammenhang zwischen Freihandel und hohem sowie wachsenden pro Kopf Einkommen ist wissenschaftlich ausgezeichnet belegt. Zugleich ist der Zusammenhang zwischen ökonomischer Prosperität und Lebenserwartung eindeutig. Freiwilliger Tausch stellt grundsätzlich alle Beteiligten besser. Der kapitalistische Friede dient allen.
Die Beschneidung der Konsumentenfreiheit und damit der Wahlmöglichkeiten hingegen senkt stets den Wohlstand, würgt den Wettbewerb ab und verhindert Innovationen. Kurzum: Protektionismus macht arm.
Weiterlesen:
Eamonn Butler: An introduction to Trade & Globalization (2021)
Donald J. Boudreaux: Globalization (2008) kostenloses pdf