Staatsreform – zwei neue Spitzenämter
Staatsreform – zwei neue Spitzenämter

Staatsreform – zwei neue Spitzenämter

Anfang der 1930er Jahre. Die Weimarer Wirtschaft war ein vermachteter und Krisen geschüttelter Verhau. Der semidemokratische Staat und die Regierungen standen in einem Überlebenskampf mit vielen Gegner und Belastungen. Die Zuständigkeit des Staates war beträchtlich gewachsen und wurde von Interessengruppen belagert. Der Freiburger Ökonom Walter Eucken kritisierte 1932 in einem Aufsatz die Entwicklung zum Wirtschaftsstaat, einem von Verbänden politisch gelenkten Staat. Alexander Rüstow fordert den im Herbst 1932 den Rückzug des Staates auf sich selbst, um mit einem konzentrierten Aufgabenspektrum wieder zu Durchsetzungsstärke zu gelangen. Das Jahr 1932 und die beiden Akteure sollten mit ihren Beiträgen den Beginn des Neoliberalismus markieren.

Anfang 2022. Die amerikanische Demokratie steht im Grabenkampf zwischen verfeindeten Demokraten und Republikanern. Der (klassisch) liberale Ökonom Arnold Kling veröffentlich einen Aufsatz mit dem Titel „Designing a Better Regulatory State“, erschienen in dem konservativen Vierteljahresmagazin „National Affairs“. Darin fordert er einen besseren, reformierten Staat. Für die Reform macht er zwei Vorschläge:

  1. In der Exekutive soll es die Position eines COO, eines Chief Operating Officers, geben, der für die Führung der gesamten exekutiven Verwaltungsarbeit zuständig ist.
  2. Ihm gegenüber soll die ebenfalls neue Position eines CA, eines Chief Auditors, stehen, einer mächtigen Prüfungsbehörde.

Beide Personen und Organisationsbereiche sollen sich Paroli bieten, die Professionalisierung der Staatsbürokratie vorantreiben und den Präsidenten entlasten.

Übertragen auf Deutschland würde das neben einer Aufwertung des Bundesrechnungshofes zu einem Ministerium mit weitreichenden Kompetenzen die Einrichtung eines Verwaltungschefs der gesamten Bundesregierung bedeuten, der vermutlich stärker als der heutige Kanzleramtsminister Durchgriffsrechte auf die Ressorts und Bundesbehörden hätte. Dazu gehören die unbeschränkte Restrukturierung, das Zusammenlegen und das Auflösen aller Regierungsbereiche und die Ernennung aller Ressort- und Behördenleiter. Geleitet ist die Idee von der Professionalisierung der Führung, die langjährige Führungsverantwortung in einer großen privaten Organisation voraussetzt, und von einer Professionalisierung der bürokratischen Arbeitsweise, die stärker auf nützliche Ergebnisse ausgerichtet werden würde.

Hintergrund ist Arnold Klings Diagnose eines Zerfalls herkömmlicher (staatlicher) Institutionen aufgrund postmoderner Herausforderungen. Der über praktische Behördenerfahrung verfügende unabhängige Ökonom und öffentliche Intellektuelle ordnet seinen Vorschlag eingangs ausführlich in die aus seiner Sicht unrealistischen und vergeblichen Ansinnen von Libertären und Sozialdemokraten sein. Erste versuchten zurückzukehren in einer Welt mit einem Minimalstaat, die es nicht mehr gebe, die viel komplexer und regulierungsbedürftiger geworden sei. Letzter wären unfähig zu erkennen, dass fundamentale Unzulänglichkeiten mit dem bestehenden Staatsapparat verbunden und Fehlregulierung an der Tagesordnung sei.

Der Vorschlag erscheint neoliberal im besten, nicht im vorherrschenden völlig verdrehten Wortsinn und bietet jede Mengen Ansatzpunkte für Kritik und reformerisches Nachdenken für eine überfällige Staatsreform.

Literatur: Arnold Kling: Designing A Better Regulatory State, National Affairs 50 (2022).

Weitere Anregungen für eine Staatsreform, die tatsächlich dem Gemeinwohl dient:

Politik-Reform jetzt: Lebensbedingungen verbessern!

Strukturreform jetzt: Bürgerstaat statt Wirtschaftsstaat!

Sowie ein Schlüsselproblem, das nur wenige sehen wollen:

Geldreform erreicht den Mainstream