Komplexität
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Die Zukunft der Ökonomik

Die Zukunft der Ökonomik Die Ökonomenzunft steckt nach wie vor in einer schwierigen Lage. Einerseits ist sie immer weiter fortgeschritten, andererseits wurde exemplarisch in der Finanz- und Staatsschuldenkrise deutlich, dass der neoklassisch-neokeynesianische Mainstream (wahlweise auch mit dem Suffix post versehen) in der Realität nicht überzeugt. Auch heterodoxe Schulen bieten keine hinreichenden Antworten auf konkrete poitikökonomische Fragestellungen. Das gilt selbst für die von mir geschätzte Österreichische Schule. Ein Grund ist das Verharren in einer Form, die …

Dynamische Fähigkeiten und Strategisches Management (1997)

Dynamic Capabilities and Strategic Management von David J. Teece, Gary Pisano, und Amy Shuen (1997) In ihrem einflussreichen Aufsatz „Dynamic Capabilities and Strategic Management“ entwickeln David J. Teece, Gary Pisano und Amy Shuen das Konzept der dynamischen Fähigkeiten (dynamic capabilities) als Schlüssel zum Schaffen und Erhalten langfristiger Wettbewerbsvorteile in sich schnell verändernden Märkten. Diese Arbeit stellt einen bedeutenden Beitrag zur strategischen Managementtheorie dar, indem sie über traditionelle Ressourcentheorien hinausgeht. Hauptthesen und Argumente: Dynamische Fähigkeiten: Teece …

Finanzkrise 2008 – eine profunde Erklärung

Finanzkrise 2008 – eine profunde Erklärung Zur Finanzkrise gibt es zahlreiche Untersuchungen, Publikationen und Videos. Auch ich habe darüber geschrieben (Die Pervertierung der Marktwirtschaft, Die Störung des Preissystems hat die “Krise” verursacht). Eine profunde Erklärung, vielleicht der Text schlechthin, den man konsultieren sollte, stammt von Arnold Kling und ist in der Library of Economics and Liberty (EconLib) verfügbar: The Financial Crisis. Warum ist die Erklärung so überzeugend? Weil sie systemisch angelegt ist und die Dynamik …

Hayek im Hotel de Rome

Hayek im Hotel de Rome Hayek widmete „The Road to Serfdom“, das zuerst im März 1944 in Großbritannien bei Routledge erschien, bekanntlich den Sozialisten in allen Parteien. 80 Jahre später hielt der sozialdemokratische Bundeskanzler Olaf Scholz den deutschen Vortrag auf der prominent besetzen und besuchten Veranstaltung der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung. Vorangegangen war eine prägnante Einführung von Jens Weidmann, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung, und ein Vortrag der Ministerpräsidentin von Estland Kaja Kallas. Ihr Vater, ebenfalls Ministerpräsident, hatte …

Zu vertrackt für Experten, lasst die Menschen machen

Zu vertrackt für Experten, lasst die Menschen machen Wird es in Deutschland noch Wohlstand für alle geben? Pessimismus ist das derzeitige Lebensgefühl. Ein Grund dürfte darin liegen, dass für viele Bürger nicht erkennbar ist wie Parlament und Regierung, die weit entfernte EU sowie die Staatsbürokratie in Deutschland und der EU drägende Probleme lösen sollen. Die Staatsbürokratie hat zunächst selbst einen erheblichen Modernisierungsbedarf. Ihre Mitarbeiter leiden auch unter überbordender Bürokratisierung. Mehr noch scheinen aus Sicht vieler …

Was man sieht und was man nicht sieht: zur Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft

Was man sieht und was man nicht sieht: zur Zukunft der Sozialen Marktwirtschaft Strategische Vorausschau ist in Mode. Strategische Vorausschau wird vor allem im staatlichen Sektor durchgeführt, in der EU, von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ verankert, von den Ressorts, von Behörden und dem Staat nahestehenden Nichtregierungsinstitutionen, weltweit zunehmend verbreitet. Die Soziale Marktwirtschaft ist weniger en vogue, zumindest in ihrer klassischen Form. Die Formel dient indes als zeitlose Bezeichnung der seit 1948 fundamental …

Quergelesen – Rezensionen von Christopher Clarks Frühling der Revolution

Quergelesen – Rezensionen von Christopher Clarks Frühling der Revolution

Beeindruckende Eindrücke aus einem Rezensionscluster ausgewählt. Ein Buch und Rezensenten, die etwas zu sagen haben und zu denken geben.

Zunächst ein bedenkenswerter, zeitlos gültiger Absatz aus einer Rezension des neuen großen Werks von Christopher Clark über die Freiheitsrevolution 1848/49 von Andreas Fahrmeir in sehepunkte:

„Clark erklärt den Erfolg des Anfangs der Revolution vor allem damit, dass in der überdeterminierten Krisensituation von 1848 eine Revolution aus allen möglichen Gründen ausbrechen konnte: wegen eines Witzes, eines zufälligen Pistolenschusses oder der Ankündigung einer eigentlich gar nicht geplanten Versammlung. Das führte selten zu stabilen Strukturen. Dagegen konnten die alten Gewalten dort, wo sie noch existierten (also – außerhalb Frankreichs – fast überall), den Zeitpunkt des Gegenschlags wählen und ihn mit großer Brutalität ausführen, zumal ihnen die wachsende Furcht in der Bevölkerung entgegenkam. Das ist insofern überraschend, als die regierenden Monarchen und ihre Berater bei Clark im Vorfeld der Revolution ziemlich schlecht wegkommen: Schließlich ließen sie die Krisen nicht nur eskalieren, sondern nahmen sie teilweise gar nicht wahr.“

Und Susanne Kitschun schreibt in ihrer Rezension über dasselbe Buch in sehepunkte:

„Wichtige Auslöser lagen für ihn zusätzlich zu grundlegenden Ursachen wie politischen Ideen und unmittelbaren Anlässen in einer “mittlere[n] Ebene der Kausalität: das Anwachsen der politischen Spannung, die Verhärtung der Sprache, der Zusammenbruch eines Konsenses, und die Erschöpfung der Kompromissbereitschaft, das Aufkommen von Fallstricken – kurz: eine politische Dynamik, die […] in Monaten und Wochen gemessen wird” (411).“

Außerdem ist da ein Hinweis auf moderne Geschichtswissenschaft sowie eine vorbildliche, Komplexität anerkennende Betrachtung der Welt:

„Clark schreibt bewusst gegen ein solches vereinfachendes Bild, denn er will zeigen, dass es dem “Archipel aus Argumenten und Gedankenketten” (23), in dem sich die Europäer in den Revolutionsjahren zurecht finden mussten, nicht gerecht würde. Er will der damaligen “verwirrenden Vielfältigkeit”, die von der “unvorhersehbaren Interaktion so vieler Kräfte” (17) noch verstärkt worden ist, nur in Maßen ein retrospektives Ordnungsmuster abgewinnen. Ein Grund dafür ist, dass er auf Parallelen aufmerksam machen will, die er zwischen damals und heute sieht.“

Der Absatz stammt aus der Rezension von Dieter Langewiesche in sehepunkte zum selben Buch genauso wie dieser Eindruck:

Clark „habe das “Gefühl”, “die Menschen von 1848 könnten sich in uns wiederfinden”, weil wir in einer ähnlichen “‘Polykrise'” leben und in unseren Reaktionen darauf ebenso unsicher seien, wie die Menschen damals (1024).“

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Mehr zyklisches Denken, mehr Systemdenken, mehr Wertschätzen

Mehr zyklisches Denken, mehr Systemdenken, mehr Wertschätzen Bürger sind als Wähler zu schlecht informiert, urteilte Tyler Cowen in einem Gespräch mit Robert Murphy. Der rationale Wähler ist ein gut dokumentierter Mythos. Politiker überschauen regelmäßig nicht die Folgen ihrer Entscheidungen oder nehmen sie billigend in Kauf. Dass sie nicht das Gemeinwohl verfolgen, fällt in schlechten Zeiten stärker auf. Wir alle neigen zu Narrativen, zu einfachem Ursache-Wirkung-Denken. Das spart Energie und sorgt für eine einfache Welt, in …

Vom Wert der alternativen Perspektiven

Vom Wert der alternativen Perspektiven Wir leben in einer komplexen, dynamischen Welt. Diese Aussage ist keine Binsenweisheit, sondern weist auf eine Herausforderung hin: komplexe, dynamische, durch radikale Unsicherheit gekennzeichnete Systeme verstehen lernen. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind solche Systeme, einschließlich des Gesundheitssystems. Sie sind gekennzeichnet durch viele handelnde Akteure, eine kaum überschaubare Vielzahl von Beziehungen zwischen den Akteuren, ferner Trends, Treiber und Triebkräfte, die uns in ihren Wirkungsweisen nur teilweise bekannt sind. Dazu gehören institutionelle …

Besser strategisch denken

Strategisches Denken ist heute nicht weit verbreitet. Strategisches Denken wird wie Wirtschaft nicht in der Schule unterrichtet. Statt Komplexität zu bewältigen geht es heute vielleicht mehr denn je um Effekte, Visuelles, Emotionen. Martin Kornberger, Professor für Ethik an der Wirtschaftsuniversität in Wien und Gründer einer Unternehmensberatung während seiner Zeit in Australien, setzt an diesem Problem an und bietet eine doppelt klassisch fundierte Lösung: das Denken von Clausewitz und die Erkenntnisse des klassischen Management-Prozesses. Letzterer ist …

In Systemen denken

In Systemen denken Wir leben in einer komplexen, dynamischen Welt. Unser Denken ist dem nicht von allein gewachsen. Intuition reicht nicht aus, um Handlungsmöglichkeiten und deren Folgen abzuschätzen. Lineares Denken, das uns sehr zu eigen ist, ebenfalls nicht. Eine hilfreiche Form des Denkens ist das Denken in Systemen. Albert Rutherford bietet mit seinem einfachen Einstiegsband “The Elements of Thinking in Systems” eine Einstiegsoption. Nach einer übersichtlichen Einführung in das Systemdenken und seine wissenschaftlichen Ursprünge folgen …

Kontraintuitives Verhalten von sozialen Systemen

Kontraintuitives Verhalten von sozialen Systemen So lautet der Titel eines Aufsatzes von Jay W. Forrester (1918-2016), Professor am MIT, USA. Der Begründer der Systemdynamik schildert im IV. Abschnitt die Dynamik urbaner Systeme. Die Untersuchungen sind faszinierend, weil die Lösungen für Wohnungsmangel und verfallende Stadtgebiete nicht mehr soziale Wohnungen sind, sondern weniger und dafür mehr Unternehmen, die Arbeitsplätze anbieten. Forrester ist zu dieser Erkenntnis gelangt, indem er zunächst ein Model urbaner Prozesse entworfen hat. Gestützt auf eine Theorie …

Globale Erwärmung auf dünnem Eis – IPCC Methoden-Kritik

Wer sich mit Klimawandel und der These menschgemachter globaler Erwärmung befasst, der kommt um die Berichte des IPCC nicht herum. Richard Epstein, einer der einflussreisten Rechtswissenschaftler der USA, hat in seiner Kolumne und dem dazu gehörenden Podcast The Libertarian bei der Hoover Institution den neuesten IPCC Bericht kritisch betrachtet. Aus seiner schmissigen, argumentativ rasanten und kurzweiligen Analyse greife ich einige Aspekte heraus: Das IPCC entwickele verschiedene Szenarien zum Klimawandel. Das schlimmste Szenario bekomme weltweit die …

Auslandsinterventionen als fatale Selbsttäuschung

Viele gute und manche weniger gute Gründe werden für Auslandseinsätze des Westens vorgebracht. Hehre Absichten haben allerdings nichts zu tun mit der Realität am Boden, vor allem nicht mit der langfristigen machtpolitischen Realität. Und eine Absicht ist keine Fähigkeit. Eigene Ziele in einem fremden Land, in einer entfernten Region in die Tat umzusetzen, das bedarf mehr als nur einer guten Absicht. Das Scheitern des Westens im Ausland lässt sich über Jahrzehnte zurückverfolgen, z.B. bis zum …